Donnerstag, 27. November 2014
Verlorene Hoffnungen
Seit Tagen führt sich das Team Stronach, respektive das, was davon geblieben ist, in aller Öffentlichkeit selbst vor. Erbarmungswürdig. Ist die Parteichefin aus der Partei ausgetreten oder nicht? Sagt sie etwas oder lieber doch nicht? Wer wusste was und wer was nicht? Und hat er, der Parteigründer, etwas gewusst? Oder doch nicht?
Wenige Wochen zuvor waren es die Neos, die sich in ähnlicher Weise vorführten. Der Parteichef als Verfasser schwülstiger Gedichtzeilen und gleich einem Guru auf Fotos im Gras, die Jungen in seiner Partei hingegen für Gras -ganz legal und ohne Einschränkungen.
Die Ersteren haben sich längst dezimiert und sind dabei in der Öffentlichkeit endgültig durchzufallen. Die Letzteren sind umgehend in den Umfragen abgestürzt. Einst angetreten, um die Republik zu retten und einen frischen Wind in die Politik zu bringen, neue Ideen und mehr Transparenz, wurden die beiden neuen Parteien, eben erst gegründet und voller Hoffnung von allen Seiten in der Öffentlichkeit hofiert, binnen kurzer Zeit gegen die Wand gefahren. Ohne Not, aber mit einer Gründlichkeit, die ihresgleichen sucht.
Dabei hätte sie dieses Land so dringend gebraucht. Nicht zuletzt deswegen setzte man allerorten so große Hoffnungen in sie. Aber nein, sie konnten sie nicht erfüllen. Mancherorts mag sich darob Schadenfreude breit machen. Die ist freilich nicht angebracht. Denn es tut nicht gut, dass sich in diesem Land neue Parteien so schwer tun, groß und stabil zu werden. Das Liberale Forum scheiterte, jetzt sind das Team Stronach und die Neos dabei das Gleiche zu tun.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen haben sie mit der Unfähigkeit der Leute zu tun, die meinen, die politische Landschaft in Österreich aufmischen zu müssen, und auch mit ihren oft nicht ganz lauteren Motiven. Zum anderen haben sie aber auch mit dem bestehenden System zu tun, das sich als wehrhafte Trutzburg erweist, der kaum beizukommen ist. Binnen kurzer Zeit zeigte sich da wie dort bei den jüngsten Parteigründungen, dass die Personaldecke viel zu dünn ist und dass der Text zu den mitunter sehr populistisch und großspurig formulierten Slogans und Überschriften fehlte. Viel zu oft ließ man politische Glücksritter schalten und walten, die zuweilen bereits in mehreren Parteien in unterschiedlichen Funktionen nach oben zu kommen versuchten, dort aber nicht ohne Grund kläglich scheiterten. Hochgejazzt von willfährigen Medien verlor man rasch den Boden unter den Füßen und ging blauäugig und ohne praktischen und theoretischen Unterbau in politische Auseinandersetzungen, in denen man sich oft nur lächerlich machen konnte. Rasch zeigte sich, dass man von den Ansprüchen überfordert war und dass politische Arbeit mehr ist als ein paar flapsige Bemerkungen und kontroverse Vorschläge. Gemeinsam ist den scheiternden Parteien auch, dass sie die Anforderungen und den Aufwand unterschätzten, der notwendig ist, um im politischen Getriebe zu bestehen oder gar etwas zu bewegen.
Und unterschätzt wurde auch der Widerstand des bestehenden Systems respektive der Parteien, die sie vertreten. Und der ist, man ahnt es, nicht gering zu schätzen. Das Beharrungsvermögen ist groß. Da lässt man Neuankömmlinge nach alter Österreicher Traditionen ins Leere laufen, schickt sie im Kreis und lässt sie dumm sterben. Eine kleine Trickserei da, ein kleines Legerl dort. Das macht auch engagierte Polit-Neuankömmlinge schnell mürbe. Und im Nu ist aus vorgeblichen Wunderwuzzis ein Haufen desorientierter Ahnungsloser, frei zum Gespött der Öffentlichkeit, geworden. Die etablierten Parteien, man weiß es, verstehen sich darauf bestens.
Dass in diesem Land neue Parteien nicht Fuß fassen können, hat auch mit der allgemeinen Politmüdigkeit zu tun, unter die auch die etablierten Partien leiden. Es finden sich zwar jede Menge Leute, die über das Politik-Geschäft schimpfen, aber immer weniger, die es sich auch antun wollen. Vor allem solche, die es drauf hätten.
Damit wendet sich, was eigentlich als Aufbruch für das Land und seine Politik gedacht war, ins genaue Gegenteil, spielen doch die neuen Parteien den bestehenden mit ihrem Scheitern in die Hände. Die wissen, dass sie nichts zu befürchten haben und sehen sich gar in ihrem Tun bestätigt.
Und das ist nicht das, was einem Land gut tut, das so sehr nach Veränderung schreit und die auch dringend bräuchte.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 27. November 2015
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