Donnerstag, 4. Dezember 2014

Unerfüllte Erwartungen





"Herz-Jesu-Schrittmacher" wurde er genannt, weil er bei seiner Vereidigung als Minister seinen Schwur auch auf das Heilige Herz Jesu Christi leistete. Als "Spaßminister" tauchte er in den Gazetten auf. Und als Bienenretter waren ihm die Schlagzeilen genauso sicher, wie als Äpfelverteiler.  Die Strategie funktionierte. In der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung stürmten die Beliebtheitswerte in die Höhe. So sehr, dass der Tiroler in der Spindelegger-Nachfolge sogar als Kandidat gehandelt wurde.

Andrä Rupprechter ist in seinem ersten Jahr auf der Bühne der heimischen Politik als vieles zu sehen gewesen, Landwirtschaftsminister aber, als der er eigentlich geholt wurde, ist er immer noch nicht ganz. Darum hält sich die Begeisterung über ihn im Agrarbereich auch in Grenzen.

Dabei hat es so viele und so große Hoffnungen gegeben. Wer, wenn nicht er, wusste, wie man es macht, war die Meinung. Und die Hoffnung. Doch Rupprechter hat in seinem ersten Jahr diese Erwartungen noch nicht eingelöst. Eine ausgeprägte Handschrift, eine Linie und Leadership, wie man sich von einem Mann seines Kalibers erwartet, sind noch viel zu selten erkennbar.

Die Liste der Versprechungen und Ankündigungen ist lang. Viele sind uneingelöst, viele hängen in der Warteschleife und viele stecken im Apparat fest oder sind längst am Abstellgleis geparkt. Wo Annährung entstehen sollte - wie  etwa zum Lebensmittelhandel - entstanden Fronten und machte sich Distanz breit. Und viele der Erfolge, die er verkauft, sind, wie die Fleisch-Export-Initiativen in Fernost, nichts anderes, als Absichtserklärungen, deren Umsetzung in zählbare Euros noch lange dauern wird.

Einzig die Neu-Organisation des Ministeriums und die Almlösung darf sich Rupprechter als Federn an seinen Tirolerhut stecken. Die Verhandlungen rund ums Umweltprogramm hingegen gerieten fast zum Desaster. Termine, die genannt wurden, hielten selten, und Programmpunkte, die als fix gehandelt wurden, auch nicht immer. Richtig an die Wand aber fuhr Rupprechter die heimische Pflanzenschutzpolitik. "Im Zweifel für den Regenwurm" diktierte er vollmundig und wie immer lächelnd in die Notizblöcke der Journalisten. Dass er damit den Großteil der heimischen Bauern, zumal die konventionelle Landwirtschaft, brüskierte und in ernsthafte Schwierigkeiten brachte, scheint ihm einerlei.

Es nimmt nicht Wunder, dass der Zuspruch in der Bauernschaft, aber auch in der heimischen Agrarwirtschaft in den vor- und nachgelagerten Bereichen dabei ist, in offene Ablehnung und immer öfter auch in Wut und Häme umzuschlagen. Längst geht ein Riss durch die Agrarpolitik, längst wächst die Wut in den Unternehmen. "Es nimmt ihn niemand mehr ernst", schimpft der Chef eines heimischen Schlüssel-Unternehmens im Agrarbereich, der sich von ihm düpiert und im Stich gelassen fühlt. "Er macht vorne seine Show und zu den Wünschen der Wirtschaft lacht er nur."

Rupprechters Spiel ist riskant für die gesamte Landwirtschaft, weil er keine Alternativen anbietet. Im Verein mit der Unverbindlichkeit, die zuweilen in Schnoddrigkeit umschlägt, die Rupprechter zumeist an den Tag legt, kann das zur Gefahr werden. Die Bauern und die gesamte Agrarwirtschaft brauchen aber Richtung und Rückhalt, zumal in einem gesellschaftlichen Umfeld, das von immer mehr Bauern als feindlich empfunden wird.

Genau das zu bieten ist von  Rupprechter einzufordern. Gerade von ihm, der das Geschäft wie kaum ein anderer in diesem Land kennt.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 4. Dezember 2014

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1