60 Millionen Euro sind viel Geld. Zumal in der Landwirtschaft. Das hätten viele gerne. Dafür würden manche viel geben. Und um so eine Summe haben schon viele gekämpft. Mitunter mit Haken und Ösen. Damit würde sich viel machen lassen. Damit wäre auch vielen geholfen.
Vielen,
aber nicht allen. Zumindest nach Einschätzung des einen oder anderen Politikers
in diesem Land. Und sei er noch so jung. Und hat er einem bisher immer als
Hoffnung gegolten dafür, dass sich ein neues Denken breit macht. Wie der
Präsident der österreichischen Weinbauern etwa. Der gilt, seit er die
politische Bühne betreten hat, als hoffnungsvoller Nachwuchs der heimischen
Agrarpolitik, sitzt längst im Nationalrat und wurde vom Minister sogar damit
betraut, einen Arbeitskreis zu betreuen, der für den Pflanzenbau eine Strategie
für die Zukunft entwickeln soll.
Dieser
junge Präsident schätzt die 60 Millionen Euro, die da ihm und seinen Kollegen
im Zuge der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik hineingeschneit sind, offenbar
gar nicht. Schon im Vorjahr ließ er bei einer Pressekonferenz beiläufig wissen,
dass die 60 zusätzlichen Millionen an Flächenprämien, die den Weinbauern nun
erstmals bis 2020 zustehen "nicht erwähnenswert" sind. Sie seien
"nicht betriebswirtschaftlich spürbar" habe er gesagt, wird
kolportiert. Er lässt davon nicht ab. In einem Interview in einer
Weinbau-Zeitschrift ließ er erst kürzlich wieder wissen, dass es sich dabei
"um eher bescheidene Größenordnungen" handle.
60
Millionen "nicht erwähnenswert" - was denkt sich da der Bergbauer im
Tal ganz hinten und ganz oben? Was der Chef der Biobauern, der so lange mit dem
Minister um zusätzliches Geld gerungen hat? Was der kleine Ackerbauer im
Industrieviertel? Und was der Milchbauer im Mostviertel?
Es
wird wohl nichts Gutes sein.
Aber,
man soll über den jungen Präsidenten nicht vorschnell herfallen. Denn, so wie
er über die Fördermillionen redet, zeigt, dass er Landwirt ist.
Österreichischer Landwirt. Und das durch und durch. Denn so wie er schätzen
viele Bauern in diesem Land die Fördergelder und Ausgleichszahlungen, die sie
Jahr für Jahr mit großer Zuverlässigkeit und pünktlichst auf ihr Konto
überwiesen bekommen, nur gering. Und als zu gering sowieso.
Das
ist Kultur geworden in der heimischen Landwirtschaft. Überall bekommt man zu
wenig. Und dass dafür sogar etwas in Form von Auflagen und ähnlichem verlangt
wird, empfindet man sowie oft als nichts denn als Zumutung.
Das
mag mitunter verständlich sein. Akzeptabel ist es nur selten. Und manchmal
drängt sich in Diskussionen der Verdacht auf, viele der heimischen Bauern
hätten jeden Bezug zur Realität verloren und glaubten immer noch, die Welt
drehe sich ausschließlich um sie und der Rest der Menschheit habe nur für sie
da zu sein. Was für den Weinbaupräsidenten die 60 Millionen Euro sind, sind für
sie die 100 Euro Prämie pro Hektar für das Grundwasserprogramm, die
Extrazahlungen für Bio oder die paar Euro für die Landschaftselemente -
"nicht spürbar" und "nicht erwähnenswert".
Dabei
wäre mehr Wertschätzung durchaus angebracht. Dass in die Landwirtschaft so viel
Geld fließt wie in Österreich ist nicht selbstverständlich. Mehr als zwei
Milliarden Euro sind es jährlich, weitaus mehr als die Bauern an Steuern
abliefern. Andere hätten so viel Geld gerne. Und wenn die Bauern und mancher
ihrer Präsidenten das ohnehin so gering schätzen, könnte es möglicherweise bald
ein, das sie es sich auch holen.
Gmeiner meint - Blick ins Land 3-15, 27. Februar 2015
Ich möchte zu diesem Beitrag anmerken, dass die österreichischen Bauern die Ausgleichszahlungen sehr wohl zu schätzen wissen und selbige nicht als selbstverständlich hinnehmen. Aber warum brauchen sie diese Förderungen? Damit der Konsument billig essen kann. Kürzlich im Radio gemeldet, müsste ein kg Schweinefleisch, wenn man nur die Inflation der letzten 20 - 25 Jahre rechnet, 20 Euro kosten. Dasselbe gilt für die Milch. Lag Anfang der 1990er Jahre der Erzeugerpreis bei 7 Schilling, so sind es heute 40 Cent. Von den Förderungen profitiert JEDER Österreicher. Aber wissen DAS alle zu schätzen? Nein, denn sonst würden in Wien nicht täglich so viele Lebensmittel weggeworfen, wie in Graz täglich gegessen wird..
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