Donnerstag, 19. Februar 2015

Nicht genügend



Die Versuche der islamfeindlichen Pegida, in Österreich Fuß zu fassen, wurden zum Scheitern gebracht. Im Frühjahr soll wieder mit einer Lichterkette eine Zeichen gegen die Fremdenfeindlichkeit in diesem Land gesetzt werden. Beides ist fraglos gut. Gerade in Zeiten, wie wir sie jetzt erleben. Beides ist ein Zeichen des guten Willens in diesem Land. Und beides ist Zeichen dafür, dass es in diesem Land Menschen gibt, denen Integration von Migranten und der Umgang mit ihnen und Hilfe und Unterstützung für Flüchtlinge und Asylsuchende ernsthafte Anliegen sind.

Aber gut genug ist das freilich nicht. Und genügend schon gar nicht. Mitnichten. Denn unter der Tuchent, hinter den verschlossenen Wohnzimmertüren, in den Betriebsküchen und an den Stammtischen, überall dort, wo sich der Österreicher respektive die Österreicherin im vertrauten Kreis und unter seinesgleichen wähnt, brodelt es nämlich gewaltig, wenn es um Themen rund um Ausländer und Flüchtlinge geht. Unentwegt und zumeist auch ungebremst. Und ganz unabhängig vom sozialen und gesellschaftlichen Milieu.

Wenn man unter sich ist, fern von kritischen Beobachtern und Meinungsmachern, denken und reden viele in Österreich ganz anders, als man in der Öffentlichkeit willens ist zuzugeben. Viel mehr als man wahrhaben möchte. Denn viele Menschen wissen längst nur zu genau, was sie wo wem sagen müssen, um nicht in Verruf zu geraten.

Wenn man sich unter sich wähnt, ist das ganz anders. Da ist oft sehr rasch das Bild zu erkennen, das der Wirklichkeit viel eher entspricht. "Die sollte man erst gar nicht hereinlassen", heißt es da oft. Und da zeigt man schnell einmal Verständnis für Ausfälle gegen Ausländer, Flüchtlinge und Asylsuchende, wenn man sie nicht gleich selbst im Mund führt. Augenzwinkernd, polternd, mitunter mit den Fäusten auf dem Tisch.

Das zeigt nichts anderes, als dass Österreichs Fortschritte um Umgang mit Ausländern und in Sachen Integration trotz mitunter beträchtlichen Medien- und Politgetöses sehr überschaubar geblieben sind. Mit Flüchtlingen, mit Fremden, mit Zuwanderern, will man in Österreich immer noch möglichst wenig zu tun haben. Und wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, dann will man sie zumindest nicht in der Nähe haben.

Das gilt nicht nur für die notorischen Gegner von Zuzug , Integration und Hilfe. Das gilt auch für viele von denen, die sich in der Öffentlichkeit so gerne dafür stark machen. Manche der durchwegs katholischen Landeshauptleute, die zumeist auch noch der Partei, die sich als christlich sozial bezeichnet, angehören, lieferten in den vergangenen Wochen beschämende Beispiele dafür. Aber auch Teile der Kirchen, der katholischen wie der protestantischen, taten sich nicht besonders hervor, als es darum ging, Herbergen für die Flüchtlinge aus Syrien oder Nordafrika zu finden. Zuweilen beschämende Beispiele gaben auch manche Klöster ab, die lediglich dadurch auffielen, dass sie in Windeseile Erklärungen ablieferten, warum es ausgerechnet in ihren Gemäuern nicht möglich ist, Hilfe suchende Menschen unterzubringen.

Österreich findet kein Maß im Umgang mit dem Thema. Denkverbote und Schwarz-Weiß-Schablonen bestimmen die öffentliche Diskussion und lähmen den Fortschritt. Seit Jahren. Die eine Seite empfindet Zuzug aus dem Ausland nichts denn als Bereicherung, kanzelt alle Sorgen, die darob auch nur ansatzweise geäußert mitunter hochnäsig als unbegründet ab und stellt jene, die sie äußern, ohne Ansehen der Person, ins politisch einschlägige Eck. Die andere Seite hinwiederum sieht in allem und jedem, der in Österreich eine neue Heimat sucht und sich hier eine Zukunft aufbauen will, einen potentiellen Gauner, der hier nur das Sozialsystem abzocken und Land und Leuten nach Geld und Eigentum trachten will.

Die Bemühungen ein gutes Maß zu finden sind überschaubar. Weil das nicht gelingt, sondern im Gegenteil durch Parteien, die genau das auszunutzen zu ihrer Politik gemacht haben , immer mehr verhindert wird, nährt man nichts denn die Vorurteile auf beiden Seiten und stärkt die Hetzer.

Dass es anders geht, zeigte sich in den vergangenen Wochen in Salzburg. Dort wurde in einem ehemaligen Hotel gegen den Widerstand der Anrainer ein Verteilzentrum für Flüchtlinge eingerichtet. Jene, die dunkle Gestalten erwarteten, wurden rasch eines Besseren belehrt
- es kamen Menschen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 19. Februar 2015

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1