Nach den Wahlen in der Steiermark und Burgenland sind die
beiden Großparteien aufgescheucht. Mit einem Mal fürchtet man sich vor einer
ehemaligen kleinen Oppositionspartei, die so groß geworden ist, wie die Großen.
Viele Wähler haben sich für sie entscheiden, weil sie ihnen eine Alternative zu
sein scheint. Aus welchen Gründen auch immer.
In der Agrarpolitik wäre das, anders als in der Landes- und
Bundespolitik, nicht möglich. Dabei wären die Voraussetzungen durchaus ähnlich.
Es gibt viele unzufriedene Bauern, es gibt viele, die mit ihrem Schicksal
hadern und viele, die sich zu kurz gekommen fühlen. Und es gäbe viel zu
verbessern. Aber es gibt weit und breit niemanden, der als Opposition diese
Bauern auffangen kann. Es gibt niemandem, dem die Bauern die Kompetenz zutrauen
würden, die heimische Landwirtschaft in ihrer Gesamtheit zu vertreten und es
gibt niemandem, dem sie als Alternative zu den derzeitigen Machthabern ihr
Schicksal anvertrauen möchten.
Was sich hierzulande gerne als bäuerliche Opposition zum
allmächtigen Bauernbund aufbläst, hat diese Bezeichnung nicht verdient.
Kraftmaier auf der Zuschauertribüne. Nicht mehr. Durch die Bank alle, die sich
vor allem vor Wahlgängen laut und öffentlichkeitswirksam an Bauernbund und
Landwirtschaftskammern reiben, haben zumeist nichts, denn ihre eigenen
Interessen und die ihrer unmittelbaren Umgebung im Auge. Ganz abgesehen davon,
dass die meisten ohnehin gleich nach Wahlen ihre Aktivitäten wieder einstellen.
Partei-Ableger, wie die FP- und SP-Bauern, sind allenfalls
Feigenblätter für ihre Partei. Der Allgemeinen Bauernverband gefällt sich
darin, durchwegs haarsträubende Resolutionen in den Kammervollversammlungen
ablehnen zu lassen und glaubt das dann als agrarpolitischen Erfolg verkaufen zu
können. Via Campesina, wie sich die ehemalige Bergbauernvereinigung seit
geraumer Zeit nennt, verrennt sich gar in Grundstücks-Besetzungsaktionen.
Stronach-Mann Leo Steinbichler, ein begnadeter Populist, ist ob seiner Sprüche
längst zu einem allenfalls belächelten Faktotum geworden, ohne irgendetwas zu
bewegen. Der Grüne Wolfgang Pirklhuber pflegt mit Inbrunst nur sein
Gentechnikfrei-Hobby und gefällt sich zuweilen dabei die Landwirtschaft
insgesamt anzuschütten. Und die IG-Milch ist längst zu einer
öffentlichkeitsscheuen Geheimtruppe verkommen, von deren einstiger Kraft, die
die Agrarpolitik zum Zittern brachte, längst nichts mehr zu spüren ist, weil
die Protagonisten mit ihrem eigenen Fortkommen beschäftigt genug sind.
Allen, die sich in Österreich als Opposition zu Bauernbund
und Kammern fühlen, ist eines gemeinsam: Sie treten seit Jahren auf der Stelle
und bringen seit Jahren nichts weiter. Vor allem schaffen sie es nicht, die
Bauern auf ihre Seite zu bringen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Die wählen bei
Kammerwahlen und anderen Gelegenheiten, wenn schon nicht den Bauernbund, lieber
weiß, als ihnen die Stimme zu geben. Wenn sie überhaupt noch zu Wahlen gehen.
Das ist schade. Denn die Bauern könnten eine starke
Opposition in der Agrarpolitik gebrauchen. Wie zuletzt beim Wirbel um die
Steuerreform, die der Landwirtschaft nicht nur höhere Mehrwertsteuersätze,
sondern auch Schlechterstellungen bei der Grunderwerbssteuer beschert.
So aber macht man die bestehenden Strukturen nur noch
stärker. Und nicht nur das: Damit macht man auch das Feld für die
landwirtschaftfremden NGO und auch für den Handel frei. Die nutzen das auch
weidlich und reden immer lauter in der Landwirtschaft mit.
Gmeiner meint - Blick ins Land 7-8, 11. Juni 2015
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