Das Transatlantic Trade and Investment Partnership-Abkommen,
respektive das dafür verwendete Kürzel TTIP, bringt in diesem Land viele auf
die Palme, sobald es nur von irgendwem in den Mund genommen wird. Auch unter den Bauern. Dort
sind es vorzugsweise jene, die ihr Geld mit Sonderkulturen und Spezialitäten
verdienen und jene, die biologisch wirtschaften. Dabei sind es wohl kaum sie,
die sich vor offenen Märkten und einer direkten Konkurrenz aus Übersee fürchten
müssen. Viel eher wohl bietet ihnen das, was sie befürchten und wovor sie
warnen, die Möglichkeit sich noch besser auf den Märkten mit ihren Produkten zu
profilieren und Geschäfte zu machen. Auf dem Heimat-Markt und vielleicht
dereinst auch gar einmal im schlagzeilenträchtig so gehassten Amerika.
Gleiches gilt übrigens auch für die großen
Lebensmittelhandelsketten, die ob der "Gefahr aus Übersee" gerne
medienwirksam Krokodilstränen verdrücken und sich dabei auch noch willig und
voller Mitleid für die bedrohten "kleinen" Bauern ablichten lassen.
Das ist freilich nichts als PR, die das Image aufpolieren soll. Davon, dass sie
es sind, die sie mit ihrer Einkaufspolitik schon jetzt zu den Schwierigkeiten
der heimischen Landwirtschaft beitragen, ist da selbstverständlich keine Rede.
Und nicht davon, dass sie es sind, die mit ihren Billig-Importen das heimische
Preisgefüge unter Kontrolle halten, wenn ihnen die Preise gar zu hoch werden.
Und so, wie sie das tun, werden sie wohl keine Sekunde zögern Chlorhendl und
Hormonsteaks möglichst schnell in ihren Regalen zu haben. "Lederhose grüßt
Cowboyhut" wird es dann vielleicht heißen. Aber davon ist jetzt natürlich
keine Rede.
Jene Bauern hingegen, die das Transatlantische Abkommen
zwischen der Europäischen Union und den USA wirklich fürchten müssen, weil es
ihnen, wenn es denn einmal beschlossen sein sollte, scharfe Konkurrenz über den
Atlantik bringt, schauen dem Treiben um die Verhandlungen seltsamerweise ruhig
und ziemlich unbeteiligt zu. Inklusive ihrer Vertretung, sei dazu gesagt, die, weil
sie nicht direkt am Verhandlungstisch sitzt, mit Informationen aus zweiter und
wohl viel öfter aus dritter Hand die Stimmung zu lenken und den Anschein
Politik zu machen versucht.
Das scheint typisch geworden zu sein in der Welt der
Landwirtschaft, die zunehmend eine verkehrte wird. Ganz ähnlich wie bei TTIP
läuft es, wenn es um die Verteidigung von Produktionsformen und
Produktionsmethoden geht. Auch da stehen meist just jene ganz vorne an den
Verteidigungslinien, wenn irgendwo industrielle Produktionsformen verteufelt
werden, die selbst am meisten darunter leiden. Und unter den Protestierenden
finden sich vorzugsweise jene, die davon eigentlich profitieren. Das gilt, wenn
es um konventionelle und um biologische Landwirtschaft geht und das zeigten jüngst
die Reaktionen auf den jüngsten TV-Beitrag über die Herkunft des Schnitzels
eindrücklich.
Und diesem Muster folgen auch die Reaktionen auf
Lebensmittelskandale, die bei Verarbeitern oder im Handel ihre Ursache haben.
Auch da sind zumeist die die Bauern die ersten, die sich angegriffen fühlen,
und im Handumdrehen zur Verteidigung und Erklärung ausrücken und damit die
ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Verarbeiter und Händler hingegen, die
das verursacht haben, ziehen sich hingegen meist vornehm zurück und kassieren
in aller Ruhe weiter.
Man kann das alles für normal halten und mit den Schultern
zucken. Nachdenken darüber sollte man vielleicht doch. Zumal als Landwirt.
Gmeiner meint - Blick ins Land, 3. März 2016
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