Donnerstag, 10. März 2016

Alles Baumeister?



Als Richard Lugner in aller Öffentlichkeit und ungefragt spekulierte, welche Regierung er angeloben würde und welche nicht, schüttelte man noch den Kopf. Jetzt machen andere auch den Lugner. Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer schwadronierte in einem Interview ganz offen darüber, dass er eine Regierung entlassen würde, die seinen Ideen nicht folgt. Und dann hat sich auch noch Alexander Van der Bellen verheddert. Der Herr Professor brachte sich in Erklärungsnotstand und zog sich Häme und Empörung namentlich der FPÖ und der ÖVP zu, als er öffentlich damit liebäugelte, den Nationalrat aufzulösen, wenn die FPÖ die absolute Mehrheit hätte und sich dabei auf die Verfassung berief, die nicht vorsehe, dass die stimmenstärkste Partei automatisch mit der Regierungsbildung beauftragt werde. Van der Bellen wolle kein Demokrat sein, keppelte FPÖ-Generalsekretär Kickl umgehend zurück. Und ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald erregte sich darüber, dass das "demokratiepolitisch höchst bedenklich und besorgniserregend" sei, und dass Van der Bellen "für ihn unerwünschte Wahlentscheidungen der Österreicherinnen und Österreicher nicht akzeptieren würde".

Die Lugnerisierung des Wahlkampfs um das höchste Amt im Staate ist in den vergangenen Wochen voll in Fahrt gekommen. Fast alle machen ungeniert und sehr beherzt mit. Und der Wiener Baumeister hat daran, so weit muss man ihn in Schutz nehmen, die geringste Schuld. Um Stimmen zu machen, ist vor allem den Herr-Schaften, die sich an diesem Bewerb beteiligen, offenbar nichts zu dumm. "Alles Baumeister" heißt die Devise.

Dieser Tage stritten Van der Bellen und Hundstorfer wie die Schulbuben darüber, wer was wie gesagt hat und ob das eine Beleidigung sei. Aus der Steiermark wurde überliefert, dass sich dort Andreas Khol in einer Bauernversammlung dem Landvolk mit einer erweiterten Version seines Satzes "Ich mag das Land, ich mag die Leut" anbiederte. "Ich mag das Land, ich mag die Leut und ich mag die Küh" sagte er dort, und man ist froh, dass er nicht "Rindviecher" sagte, weil das hätten die Bauern ja eventuell auch anders interpretieren können.

In diese Kategorie fällt auch, in welche Bedeutung sich manche Kandidaten nachgerade kraftmeierisch hineinzureden versuchen. Ganz so als ob man nicht wüsste, dass das Amt in diesem Land ganz anders ausgelegt ist und der Bundespräsident hierzulande weder ein Ersatzkaiser und Übervater ist noch der schrankenlose Potentat, der offenbar mancher der Kandidaten gerne sein möchte.

Es sind freilich nicht immer die Kandidaten schuld an der Lugnerisierung. Da fragte doch tatsächlich eine große heimische Tageszeitung, noch dazu nicht kleinen Formats, alle Kandidaten nach dem seinerzeitigen Berufswunsch, ob sie heimlich noch mit Schilling rechneten oder ob sie gegrillte Ameisen essen würden.

Man fasst es nicht. Mitunter drängt sich der Eindruck auf, als wollten alle inklusive der Kandidaten selbst dem Amt des Bundespräsidenten den Todesstoß versetzen. Und man ist geneigt, für all die Verständnis aufzubringen, die schon lange meinen, man solle das mit dem Bundespräsidenten lassen und das Amt auflösen, weil es niemand brauche.

Sechs Wochen dauert jetzt der Wahlkampf noch. Und so mancher Beobachter ist schon jetzt ermattet. Bereits jetzt seien den Kandidaten und Journalisten die Themen ausgegangen, schrieb sich dieser Tage ein Kommentator seinen Frust von der Seele. "Daher schleppt sich die Auseinandersetzung seit Tagen im Was-wäre-wenn-Bereich dahin."

Wenn es nur das wäre. Schlimmer als alles Genannte zusammen ist, dass, wie alle Wahlen in diesem Land, auch diese Wahlen über Monate die politische Arbeit lähmen. Nichts geht mehr und nichts will man mehr angreifen vor dem Wahlgang Ende April, um sich keine Chancen zu verbauen. Die Ergebnisse des Pensionsreform-Gipfels in der Vorwoche sind traurig-drastischer Beleg dafür. Und auch, dass man Ende Februar eine Nationalratssitzung absagte. Mangels aktueller Themen, wie es hieß. Ganz so, als ob es nichts zu tun gäbe in diesem Land.

Wir wissen, dass das nicht der Fall ist. Darum - erspart uns die aufgeblasenen Kraftmeiereien, die sinnentleerten aufgeregten Diskussionen und die billigen Auftritte und arbeitet lieber. Nicht für eure Kandidaten, sondern für das Land. Und lasst die Kirche im Dorf, wenn es um das Amt des Bundespräsidenten respektive der Bundespräsidentin und um die damit verbundenen Aufgaben und Bedeutung geht.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 10. März 2016

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