Es ist wieder so eine vergebene Chance, über die Landwirtschaft zu reden. Am 11. November startet der Film "Bauer unser". Mit jeder Menge Vorschusslorbeeren. Doch was interessant beginnt und ausgewogen, enttäuscht schlussendlich. Es ist wieder nichts, denn ein pauschales und undifferenziertes Anpatzen der Landwirtschaft.
Nichts dagegen, dass einschlägig bekannte Protagnisten wie
Benedikt Haerlin, der den Weltagrarbericht mit verfasste, breiten Raum
bekommen. Wenn aber dem gegenüber keiner anderen Meinung Raum gegeben wird
und wenn einer wie der IG-Milch-Rebell Ewald Grünzweil ohne jede Relativierung
sagen darf, dass es den "oberen Prozentsatz der Förderungen" nur für
jene Bauern gibt, die "ihr Lebtag lang" Mitglied bei ÖVP und
Bauernbund waren, ihr "Konto bei der Raika" haben und "am
Sonntag brav in die Kirche gegangen sind", während sich die anderen mit
dem "unteren Prozentsatz" zufrieden geben müssten, dann
disqualifiziert sich der Film von selbst. Dann ist das nur billige
Meinungsmache und man weiß den Informationswert des Restes einzuordnen.
Schade drum.
Vor wenigen Wochen gab es auch so eine vergebene Chance. Da
machten manche Referenten eine Fachtagung der Ages zum Thema
Ernährungssicherheit zu einem Fanal gegen die Biolandwirtschaft. "Bio
lässt die Erträge schrumpfen und steigert die Abhängigkeit von
Lebensmittelimporten" stand am nächsten Tag groß in den Zeitungen. Und
viele rieben sich wohl feixend die Hände, weil es gelungen war, den Bios eins
auszuwischen. Schade auch um diese Gelegenheit sich ernsthaft, ohne Parteibrille
und vor allem ohne Schaum vorm Mund mit einem Thema auseinanderzusetzen, das
rund 150.000 Familien brennend interessiert.
Warum ist es in diesem Land nicht möglich unvoreingenommen
über Landwirtschaft und über die Probleme der Bauern zu reden, ohne sich
gegenseitig schlecht zu machen? Es gäbe so viele Themen, die den Bauern unter
den Fingern brennen und über die man diskutieren könnte, sollte und müsste.
Aber es gibt offenbar auch zumindest ebenso viele Bretter vor den Köpfen der
Verantwortlichen auf allen Seiten, die genau das verhindern.
Die Selbstsicherheit und gegenseitige Geringschätzung, mit
der sich die gegenübertreten, schmerzt. Denn es ist alles andere als so, dass
nur schlecht ist, was man zumeist und mit großer Lust pauschal am Gegenüber
schlecht zu machen versucht. Die konventionelle Landwirtschaft in diesem Land
leistet gute Arbeit, sie versucht am Puls der Zeit zu bleiben und die
Anforderungen der Gesellschaft und der Märkte, zu stellen. Auch die Biobauern
leisten hervorragende Arbeit auf hohem Niveau. Und gleiches gilt auch für die
Unternehmen rund um die Landwirtschaft. Da sitzen keine geldgierigen,
gewissenlosen Schlawiner, die von nichts eine Ahnung haben und den Bauern nur
schlechtes wollen.
Aber all das wollen die Scharfmacher, die auf allen Seiten
und auch in Politik und Standesvertretung sitzen, nicht zur Kenntnis nehmen.
Nicht, dass man damit keinen Schritt vorankommt und nicht, dass man damit auch
gleich das Bild ganzer Bauerngruppen und Wirtschaftszweige in der Öffentlichkeit
schwer beschädigt.
Dass es so weit gekommen ist, hat wohl auch damit zu tun,
dass man in vielen Bereichen innerhalb der Landwirtschaft die gemeinsame
Gesprächsbasis verloren hat. Durch überzogene Aussagen und Aktionen und
durch politische Blindheit und durch Selbstherrlichkeit. Und wegen der vielen Bretter
vor den Köpfen.
Gmeiner meint - Blick ins Land November 2016
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