Donnerstag, 11. Mai 2017
Das geht gar nicht - aber warum bloß?
Dass der Vorschlag umgehend abgeschmettert wurde, war von vornherein klar. Genauso wie jede Zeile, die darüber geschrieben wurde und wird, eine leere Übung ist. Einheitliche Gesetze der Länder oder ein Generallandtag gar, der dafür als zweite Kammer des Parlaments statt des derzeitigen Bundesrates zuständig ist, wie das der steirische SP-Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer vorschlug, geht in Österreich nicht. Gar nicht. Die Pressekonferenz war noch im Gang, liefen schon die Dementis aus den Landesregierungen über die Agenturen. Umgehend wurde der Vorschlag abgeschmettert. Tenor: "Wo denkt der Mann nur hin."
"Dort, wo sich die Macht bündelt, dort sind die Systeme anfällig, was autoritären Führungsstil betrifft", funkte Johanna Mikl-Leitner, neuerdings Chefin just in dem Bundesland, das durchaus Ansätze bietet, den Nachweis zu führen, dass auch in den derzeitigen Strukturen möglich ist, was sie befürchtet. Platter, Haslauer, Wallner, Stelzer und wie sie alle heißen, traten umgehend an, um das derzeitige System zu verteidigen. "Politik erfährt immer dann die größte Akzeptanz, wenn sie möglichst bei den Menschen angesiedelt ist und Entscheidungen mit der Bevölkerung gemeinsam auf Augenhöhe trifft", ließ Tirols Günther Platter, aktuell Vorsitzender der Landeshauptleute Konferenz, wissen. Und Oberösterreichs Stelzer meinte: "Was mit Hausverstand vor Ort in den Ländern und Regionen geregelt werden kann, geht schneller und ist effizienter." Und das Institut für Föderalismus sprang der Politik mit dem Argument bei, es sei "gerade der Sinn der Landesgesetzgebung, unterschiedliche Regelungen zu treffen, weil man in den Ländern näher am Bürger und an der Sache ist".
Alles gut und recht, könnte man konzedieren, aber warum müssen das dann neun verschiedene Bauordnungen in Österreich sein, neun Jugendschutzgesetze oder neun Naturschutzgesetze. Weil man näher am Bürger ist? Wohl nicht im Ernst. Auch dass der Hausverstand in einem so kleinen Land wie Österreich das nachvollziehen kann, sei in Zweifel gezogen und auch, dass solche Entscheidungen auf Augenhöhe des Volkes zustande kommen und näher am Bürger sind.
Das Gegenteil ist wohl eher der Fall. Man wundert sich, dass in dem einen Bundesland nur dies möglich und im anderen nur das, dass dort das eine sehr wohl geht, im anderen aber gar nicht. Man ärgert sich über die unterschiedliche Rechtslage und man schimpft über die unnötige Bürokratie und die unnötigen Kosten. Und wenn der Vorarlberger Landeshauptmann als ein Argument ins Treffen führt, dass dann Länder wie Vorarlberg bei der Bauordnung nicht mehr mit gutem Beispiel vorangehen könnten, bleibt nur mehr blankes Unverständnis. Kann das der Grund sein, dass sich Menschen in anderen Bundesländern des gleichen Staates mit schlechteren Bauordnungen herumschlagen müssen?
Da darf nicht verwundern, dass der Verdacht entsteht, dass es doch um anderes geht als um die Nähe zum Bürger und um Subsidiarität. Dass es um Macht geht und darum, für die eigene Klientel Dinge regulieren zu können, wenn die Machtverhältnisse höherenorts denen im Land widersprechen.
Statt gezählter 3.000 Landesgesetze, die in jedem Bundesland unter hohem Aufwand ausgearbeitet werden, und so fragwürdige Ergebnisse wie unterschiedliche Abstände von Bauwerken zu Grundgrenzen oder Jugendschutzzeiten zeitigen, reichten 300 Gesetze, die alle in Österreich in allen Bundesländern gleich behandeln, meint Schickhofer.
Über die Qualität von Schickhofers Vorschlägen kann man freilich streiten und über die möglichen Folgen auch. Manches ist gut, manches ist es nicht und viele der Bedenken, die vorgebracht werden, werden wohl ihren Grund und ihre Berechtigung haben. Das alles ist zu akzeptieren. Was aber nicht zu akzeptieren ist, ist, dass die Vorschläge, und damit das Thema an sich, von dem jeder weiß, dass es dringend angegangen werden sollte, reflexartig abgewürgt und schubladisiert wird. Vielmehr sollte es darum gehen, eine moderne Lösung zu finden, die die Befürchtungen berücksichtigt, die die Subsidiarität der Länder und ihre Bedeutung stützt und stärkt und die für die Menschen in diesem Land nachvollziehbar ist. Und das ohne Ansehen der Partei, aus der sie kommen.
Derzeit ist das nicht nur bei einem Thema wie diesem meist nicht der Fall. Das schwächt das Land insgesamt und das schwächt auch die Politik, weil das Verständnis dafür abhanden kommt.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 11. Mai 2017
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