Freitag, 19. Januar 2018
Agrarexporte machten wieder viel Freude
Österreichische Agrarprodukte sind begehrt wie nie. Auf den Lorbeeren will man sich dennoch nicht ausruhen. Es gibt noch Luft nach oben.
Hans Gmeiner
Berlin. „So einen Zuwachs gab es schon lange nicht mehr“, freuten sich die AMA-Marketing-Chefs Michael Blass (Geschäftsführung) und Franz Stefan Hautzinger (Aufsichtsrat) bei der Präsentation der Ergebnisse des agrarischen Außenhandels in Berlin. Der Wert der Agrarausfuhren, zu denen auch Getränke und Lebensmittel zählen, legte 2017 gegenüber 2016 um 6,9 Prozent auf 11,1 Milliarden zu. Mengenmäßig gab es ein Plus von drei Prozent. Damit schnitt man auch deutlich besser ab als Länder wie Deutschland. Dort reichte es nur für ein Plus von etwas mehr als fünf Prozent. Weil die Einfuhren weniger zulegten, fiel auch das Defizit im Agrar-Außenhandel mit knapp 900 Mill. Euro niedrig aus wie schon lange nicht.
Für den Exportschub sorgte nach Einschätzung der Experten vor allem die weltweit gute Konjunktur. Eine nicht unbedeutende Rolle spielte auch die Erholung der Agrarpreise. „Die Krise scheint überwunden, die Kauflaune steigt überall“, sagte Blass. „Deutschland war wieder die Lokomotive, Italien stand nach schwächeren Jahren wieder unter Dampf und auch die neuen EU-Länder wuchsen erstmals seit Langem wieder kräftig.“
Selbst die Exporte nach Russland legten, freilich gestützt vom günstigen Rubel-Kurs, um fast 37 Prozent zu und erreichten mit 202 Mill. Euro fast das Niveau der Zeit vor den Sanktionen, die 2014 in Kraft traten. Sogar dreistellig waren die Zuwachsraten bei Maissaatgut und Ölsaaten, auf die mit zusammen rund 90 Mill. Euro fast die Hälfte der Ausfuhren entfielen. Dennoch will darüber nicht uneingeschränkte Freude aufkommen. Selbst wenn die EU die Sanktionen aufheben würde, wäre nicht alles im Lot. „Die Märkte für Molkereiprodukte und Fleisch, die immer noch gesperrt sind, müssten völlig neu aufgebaut werden, weil die Strukturen völlig zerstört sind“, sagt Hautzinger.
Nach Produktgruppen sind Getränke mit einem Exportanteil von 18 Prozent am bedeutendsten. Dahinter erst folgen traditionelle Agrarprodukte wie Fleischzubereitungen (14 Prozent) und Milch und Milchprodukte (11 Prozent).
Die Agrarausfuhren sind eine Erfolgsstory der österreichischen Wirtschaft, fast jedes Jahr legt man neue Rekordzahlen vor. Dennoch will man nicht lockerlassen. Von der Politik fordern die Agrar-Vermarkter der AMA Unterstützung im Zuge der Agrarreform. „Wir denken an eine Forcierung von Qualitätsoffensiven, aber auch an einen Ausbau der Marketing-Programme“, sagen Blass und Hautzinger.
Aber auch die Erzeuger will man künftig stärker in die Pflicht nehmen. So sieht Blass bei der Vermarktung von Käse noch Luft nach oben. „In Deutschland erzielt etwa die Schweiz mit ihren Käsespezialitäten einen durchschnittlichen Kilopreis von 7,8 Euro.“ Mit einem Preis von nur 4,5 Euro pro Kilogramm liegt Österreich preislich auch hinter Italien, Frankreich und Griechenland. „Diese Länder können uns als Vorbilder dienen“, sagt der AMA-Marketing-Geschäftsführer.
Nachholbedarf sieht er auch bei den Herkunfts- und Ursprungsbezeichnungen. Obwohl die lang kritisierten bürokratischen Hürden beseitigt wurden, gibt es in Österreich immer noch nicht mehr als 20 geschützte Bezeichnungen für traditionsreiche Agrarprodukte. „,Steirisches Landhendl‘ würde sich anbieten“, nennt Blass nur ein Beispiel. „Aber bei uns diskutiert man lieber, als zu arbeiten.“ Das Nachbarland Slowenien zeigt vor, wie es geht. Dort ist man zielstrebiger – und beschert dabei mitunter den Österreichern peinliche Momente. Im vergangenen Jahr sicherte sich Slowenien die Bezeichnung „Steirischer Hopfen“. Die steirischen Produzenten in Österreich dürfen ihren Hopfen nicht mehr so bezeichnen.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 19. Jänner 2018
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