„Ministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus“ steht auf der Visitkarte von Elisabeth Köstinger. Sie wird stolz drauf sein. Und andere auch. Man will offenbar ein Zeichen setzen. Und „Nachhaltigkeit“ kommt immer gut.
„Landwirtschaft“ aber steht nicht mehr auf der Visitkarte
der neuen Ministerin. Auch das kann man als Zeichen sehen, fügt es sich doch
folgerichtig in die Linie, wie in den vergangenen Jahren Agrarpolitik in
Österreich verstanden wurde. Da ging es zumeist sehr viel weniger darum, einen
ernsthaften und zukunftsfähigen Wirtschaftszweig zu positionieren, als um das Erfinden gefälliger
Begriffe, allenfalls um Schnellschüsse da und dort und um PR-Schnickschnack, um
Volk und Bauern zu beruhigen.
Ohne große Gegenwehr ließ man sich Stück für Stück die
Schneid abkaufen. Vom Handel, der längst seine eigene Agrarpolitik in diesem
Land macht, von den NGO, die sich schier ungebremst breit machen konnten und
von manchen Medien, die nicht müde werden, ein Bauernbild herbei zu schreiben,
das ans vorletzte Jahrhundert gemahnt. Ganz so, als wäre die Landwirtschaft
eine Ansammlung von Wahnsinnigen, Ahnungslosen und Bösartigen.
Dabei ist Landwirtschaft weltweit eine der am stärksten
wachsenden Branchen. Kaum anderswo sind das Innovationstempo so groß und die
Aussichten langfristig so gut. Aber was tut Österreich, um diese Trends zu
nutzen? Man kann nicht anders als zu sagen, das ist sehr überschaubar. Man
pflegt mit Inbrunst Spezialthemen und Spezialgebiete, man scheut aber, mit der
modernen Landwirtschaft anzustreifen, man hält möglichst große Distanz zu
modernen Produktionsmethoden und zu denen, die sie anwenden und man lässt sich
immer rigidere Vorschriften aufs Auge drücken, die den Bauern das Leben
verleiden und ihre Konkurrenzfähigkeit schmälern. Hilf- und konzeptlos
fabuliert man davon, den bäuerlichen Familienbetrieben helfen zu wollen, ohne
freilich viel Erfolg zu haben.
Insofern passt, dass das „Landwirtschafts“ministerium zum
„Nachhaltigkeits“ministerium geworden ist. Agrarpolitik in diesem Land ist seit
Jahren über weite Teile Showprogramm für die Gesellschaft, aber kaum greifbare
Politik, die den Bauern Zukunft geben könnte.
Das Resultat dieser Entwicklung hat viele Bauern längst
bitter gemacht. Agrarpolitik empfinden sie oft sehr viel mehr als Bremse, denn
als Unterstützung. Es gibt keine Visionen, keine Strategien und keine Ziele.
Und wenn, dann für die Gesellschaft, aber nicht für die Landwirtschaft. Die
muss das Erreichen dieser Ziele allenfalls ausbaden.
Knapp 80.000 Bauern haben alleine in den vergangenen 20
Jahren aufgegeben. Genau betrachtet ist jeder der aufgibt, verlorenes
Potenzial, die Position Österreichs auszubauen und für die Landwirtschaft
Zukunft und Spielraum dafür zu schaffen, die Möglichkeiten zu nutzen.
Aber dafür fehlt es am großen Denken und an Visionen. Die
kommen nicht aus der Agrarpolitik, die kommen von anderen. Oft zum Leidwesen
und zu Lasten der Bauern.
Darum wohl ist Agrarpolitik ein Rückzugsgefecht geworden.
Das ist vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklungen unverständlich.
Denn diese Chancen sind, durchaus auch im Einklang mit den gesellschaftlichen
Wünschen, zu nutzen.
Man muss nur wollen - und neu denken.
Gmeiner meint - Blick ins Land 1-18, 4. Jänner 2018
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