Donnerstag, 18. Januar 2018

Eingekochte Ranunkeln



In der vergangenen Woche trafen sich die Nationalratsabgeordneten der ÖVP im oberösterreichischen Bad Ischl zu einer Klubklausur. Ganz ohne große Inszenierung, ganz ohne Kameras und ganz ohne Presse. Die Neuen sollten einander besser kennenlernen, hieß es.

Kennenlernen würden die Neuen wohl auch viele von denen gerne, die sie gewählt haben. Vor allem jene prominenten Personen, die Sebastian Kurz damals im vergangenen Sommer mit beachtlichem Getöse im Wochenrhythmus vorstellte. „Ich habe erlebt, wie du Menschen begeistern kannst und Mut machen kannst“, sagte er etwa bei der Präsentation von Kira Grünberg. „Ich freue mich sehr, dass du bereit bist, zu kandidieren“. Ähnlich klang es bei Rudolf Taschner, dem Mathematikprofessor der Nation, beim Psychoanalytiker Martin Engelberg, bei der Opernball-Lady Elisabeth Großbauer, beim Ex-Grünen Efgani Dönmez, beim ehemaligen Wiener Landespolizei-Vizepräsidenten Karl Mahrer, beim ehemaligen Rechnungspräsidenten Josef Moser, bei Professorin Juliane Bogner-Strauß und vielen anderen.

Die Zeitungen waren voll von Versprechungen und Ankündigungen. Efgani Dönmez stellte sich als „Oabeiterkind“ vor und präsentierte sich als Verteidiger heimischer Werte und Kämpfer für eine wehrhafte Demokratie. Rudolf Taschner stellte sich als Kenner des Schulsystems vor, Kira Grünberg als künftige Stimme derer, die Hilfe brauchen und Elisabeth Großbauer parlierte darüber, wie sehr es ihr ein Anliegen sei, im Kunst- und Kulturbereich etwas zu verändern und zugleich das musikalische Erbe zu bewahren, Josef Moser nannte als Ziel Österreich „enkelfit“ zu machen und Karl Mahr versprach, sich  für bessere Gesetze im Parlament einzusetzen.  

Das p.t. Publikum zeigte sich durchaus angetan. Damals. Kurz‘ Kalkül ging bekanntlich auf. Man wählte, oft wohl nicht zuletzt wegen dieser „Persönlichkeiten mit besonderer Erfahrung in ihrem Bereich“ (O-Ton Sebastian Kurz), die türkise Bewegung.

Ob das Kalkül auch für die Wähler aufgeht, muss ich freilich erst weisen. Mittlerweile liegt der Eindruck jedenfalls näher, all die Personen, die damals präsentiert wurden, seien nichts gewesen, denn „Köder für die Wähler“, wie schon im vergangenen Sommer nicht nur von den gegnerischen Parteien geargwöhnt wurde.

Mit Ausnahme von Josef Moser und Juliane Bogner-Strauß, die in der Minister-Riege landeten, sind praktisch alle Kurz-Promis seit den Wahlen im vergangenen Oktober von der öffentlichen Bildfläche verschwunden. Und wenn sie das nicht sind, dann sind sie das nicht wegen allfälliger politischer Aktivitäten, sondern vor allem wegen Handlungen oder Äußerungen, die auf Kritik stießen.

Da waren etwa die unselige Autogeschichte von Kira Grünberg und Scharmützel mit Zeitungen, weil sie keine Interviews gab. Da waren die Vorwürfe gegen Taschner, der der als „Klimawandel-Leugner“ gebrandmarkt wurde. Gegen Efgani Dönmez gab es erst jüngst Vorwürfe, weil einer seiner Artikel in einem als rechtsextrem eingestuften Magazin erschien. Und Martin Engelberg geriet ins Schussfeld der Kritik, weil er als „erster aktiver jüdischer österreichischer Abgeordneter der Nachkriegszeit“, wie ihm vorgehalten wurde, in einer israelischen Tageszeitung die Koalition mit der FPÖ verteidigte.

Von politischen Aktivitäten der prominenten Kurz-Experten seit den Wahlen ist freilich kaum etwas überliefert. Gut, Kira Grünberg „kochte die Linzer ein“, wie im Archiv der Oberösterreichischen Nachrichten zu erfahren ist, als sie im „Küchen-Talk“ eines Einrichtungshauses „über Kochen und Ernährung“ sprach. Aber das ist wohl nicht das, warum sie gewählt wurde. Und dass Elisabeth Großbauer die Ranunkel als die „beherrschende Blume“ beim heurigen Opernball vorstellte, wird es wohl auch nicht sein, warum man sie wählte. Immerhin waren die Kurz-Promis dem Vernehmen nach Steuerungsgruppen bei den Regierungsverhandlungen zugeteilt. Die meisten zumindest. Der Name Taschner etwa fand sich nicht einmal dort.

Viel ist das nicht, aber mag sein, dass sich alles noch ändern wird und sich tatsächlich so entwickelt, wie das im vergangenen Sommer angekündigt wurde. Denn langsam wird es Zeit, dass nicht nur, wie in der Vorwoche in Ischl, das gegenseitige Kennenlernen ganz oben steht. Inzwischen würden wohl auch die Wählerinnen und Wähler die Expertinnen und Experten und ihre Arbeit ganz gerne näher kennenlernen.
 
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 18. Jänner 2018 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1