In der vergangenen Woche trafen sich die
Nationalratsabgeordneten der ÖVP im oberösterreichischen Bad Ischl zu einer
Klubklausur. Ganz ohne große Inszenierung, ganz ohne Kameras und ganz ohne
Presse. Die Neuen sollten einander besser kennenlernen, hieß es.
Kennenlernen würden die Neuen wohl auch viele von denen
gerne, die sie gewählt haben. Vor allem jene prominenten Personen, die
Sebastian Kurz damals im vergangenen Sommer mit beachtlichem Getöse im
Wochenrhythmus vorstellte. „Ich habe erlebt, wie du Menschen begeistern kannst
und Mut machen kannst“, sagte er etwa bei der Präsentation von Kira Grünberg. „Ich
freue mich sehr, dass du bereit bist, zu kandidieren“. Ähnlich klang es bei
Rudolf Taschner, dem Mathematikprofessor der Nation, beim Psychoanalytiker
Martin Engelberg, bei der Opernball-Lady Elisabeth Großbauer, beim Ex-Grünen
Efgani Dönmez, beim ehemaligen Wiener Landespolizei-Vizepräsidenten Karl Mahrer,
beim ehemaligen Rechnungspräsidenten Josef Moser, bei Professorin Juliane Bogner-Strauß und
vielen anderen.
Die Zeitungen waren voll von Versprechungen und
Ankündigungen. Efgani Dönmez stellte sich als „Oabeiterkind“ vor und
präsentierte sich als Verteidiger heimischer Werte und Kämpfer für eine
wehrhafte Demokratie. Rudolf Taschner stellte sich als Kenner des Schulsystems
vor, Kira Grünberg als künftige Stimme derer, die Hilfe brauchen und Elisabeth
Großbauer parlierte darüber, wie sehr es ihr ein Anliegen sei, im Kunst- und
Kulturbereich etwas zu verändern und zugleich das musikalische Erbe zu
bewahren, Josef Moser nannte als Ziel Österreich „enkelfit“ zu machen und Karl
Mahr versprach, sich für bessere Gesetze im Parlament
einzusetzen.
Das p.t. Publikum zeigte sich durchaus angetan. Damals.
Kurz‘ Kalkül ging bekanntlich auf. Man wählte, oft wohl nicht zuletzt wegen
dieser „Persönlichkeiten mit besonderer Erfahrung in ihrem Bereich“ (O-Ton
Sebastian Kurz), die türkise Bewegung.
Ob das Kalkül auch für die Wähler aufgeht, muss ich freilich
erst weisen. Mittlerweile liegt der Eindruck jedenfalls näher, all die
Personen, die damals präsentiert wurden, seien nichts gewesen, denn „Köder für
die Wähler“, wie schon im vergangenen Sommer nicht nur von den gegnerischen
Parteien geargwöhnt wurde.
Mit Ausnahme von Josef Moser und Juliane Bogner-Strauß, die
in der Minister-Riege landeten, sind praktisch alle Kurz-Promis seit den Wahlen
im vergangenen Oktober von der öffentlichen Bildfläche verschwunden. Und wenn
sie das nicht sind, dann sind sie das nicht wegen allfälliger politischer
Aktivitäten, sondern vor allem wegen Handlungen oder Äußerungen, die auf Kritik
stießen.
Da waren etwa die unselige Autogeschichte von Kira Grünberg
und Scharmützel mit Zeitungen, weil sie keine Interviews gab. Da waren die
Vorwürfe gegen Taschner, der der als „Klimawandel-Leugner“ gebrandmarkt wurde.
Gegen Efgani Dönmez gab es erst jüngst Vorwürfe, weil einer seiner Artikel in
einem als rechtsextrem eingestuften Magazin erschien. Und Martin Engelberg
geriet ins Schussfeld der Kritik, weil er als „erster aktiver jüdischer
österreichischer Abgeordneter der Nachkriegszeit“, wie ihm vorgehalten wurde,
in einer israelischen Tageszeitung die Koalition mit der FPÖ verteidigte.
Von politischen Aktivitäten der prominenten Kurz-Experten
seit den Wahlen ist freilich kaum etwas überliefert. Gut, Kira Grünberg „kochte
die Linzer ein“, wie im Archiv der Oberösterreichischen Nachrichten zu erfahren
ist, als sie im „Küchen-Talk“ eines Einrichtungshauses „über Kochen und
Ernährung“ sprach. Aber das ist wohl nicht das, warum sie gewählt wurde. Und
dass Elisabeth Großbauer die Ranunkel als die „beherrschende Blume“ beim
heurigen Opernball vorstellte, wird es wohl auch nicht sein, warum man sie
wählte. Immerhin waren die Kurz-Promis dem Vernehmen nach Steuerungsgruppen bei
den Regierungsverhandlungen zugeteilt. Die meisten zumindest. Der Name Taschner
etwa fand sich nicht einmal dort.
Viel ist das nicht, aber mag sein, dass sich alles noch
ändern wird und sich tatsächlich so entwickelt, wie das im vergangenen Sommer
angekündigt wurde. Denn langsam wird es Zeit, dass nicht nur, wie in der
Vorwoche in Ischl, das gegenseitige Kennenlernen ganz oben steht. Inzwischen
würden wohl auch die Wählerinnen und Wähler die Expertinnen und Experten und
ihre Arbeit ganz gerne näher kennenlernen.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 18. Jänner 2018
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