Allerorten in der Agrarpolitik freut man sich, dass die EU den einzelnen Ländern in Zukunft mehr Gestaltungsfreiheit geben will. „Nationale Strategiepläne“ soll das neue Wunderding heißen. Auf Grundlage von Eckvorgaben Brüssels sollen sich die einzelnen Staaten aus einem Maßnahmenbaukasten selbst die Maßnahmen aussuchen können, mit dem sie die von der EU vorgegebenen Ziele erreichen, plant die Agrarreform.
Das klingt zweifelllos gut. Ob es dann auch wirklich gut
wird, das ist freilich eine andere Geschichte. Nicht wenige interpretieren sie
denn auch als den Beginn des Endes der gemeinsamen Agrarpolitik und als
Renationalisierung, die die einem Subventionswettlauf Tür und Tor öffnet. Und
ob das angesichts der Entwicklung auf den internationalen Märkten und der
Situation der Bauern die richtige Strategie Europas ist, ist die Frage. Und
wenn schon bisher die Vereinheitlichung der Agrarpolitik nicht funktionierte
und immer noch enorme und oft ungerechte Unterschiede zwischen den einzelnen
EU-Staaten bestehen, warum sollte es dann gerechter werden, wenn man die
Verantwortung wieder in die Mitgliedsstaaten verlagert, fragt man.
Nicht zu unrecht. Wo die Bauern eine stärkere Lobby haben,
werden sie wohl mehr bekommen, als dort, wo das nicht der Fall ist. In
reicheren Staaten wird es mehr sein, als in ärmeren Ländern. Und dass sich
Bauern in kleineren Staaten leichter tun werden, als in größeren, ist wohl auch
nicht von vorneherein als ausgemacht anzunehmen.
Dabei geht es nicht nur um die finanziellen Mittel, mit
denen man solche Maßnahmen ausstattet. Es geht auch um letztlich von den
Mitgliedsstaaten gewählten Auflagen und Vorschriften, die zu sehr
unterschiedlichen und belastenden Wettbewerbsverzerrungen führen können. Und es
geht wohl auch um die Bürokratie. Denn auch in diesem Bereich will Brüssel den
Mitgliedsstaaten mehr Verantwortung geben. Auch das freilich kann man durchaus
als Bedrohung empfinden. Gerade in Österreich. Nicht so sehr wegen der so gerne
als böse gescholtenen AMA, sondern sehr viel mehr wegen der zahllosen
Agrarlandesräte, Kammervertreter und Bauernpolitiker jedweder Couleur, die dann
meinen, mit allem Nachdruck ihre Ideen durchdrücken zu müssen und damit alles
nur noch sehr viel komplizierter und bürokratischer machen. Schon jetzt wurde
hinter vorgehaltener Hand über die hausgemachte Bürokratie geklagt, die die
Bauern viel mehr belaste, als die aus Brüssel.
Mit der Landwirtschaftsministerin möchte man da nicht
tauschen. Denn über allem geht es zudem ja auch, mehr nationaler Spielraum oder
nicht, vor allem ums Geld, das Brüssel in Zukunft für die Bauern insgesamt zur
Verfügung stellt. Und damit schaut es bekanntermaßen schlecht aus. Es wird wohl
deutlich weniger werden. Dass das durch mehr Mittel aus dem österreichischen
Budget ausgeglichen werden kann, ist wohl Illusion. So wie es Illusion ist,
dass die EU-Staaten den Brexit-Verlust in den Brüsseler Kassen ausgleichen
werden.
Die Schuld für fehlendes Geld kann man in Zukunft Brüssel
nicht mehr in die Schuhe schieben. Schon gar nicht in Österreich, gehört doch
Kanzler Kurz ganz vorne zu denen, die eine Erhöhung der Beiträge nach Brüssel
ablehnen.
Gmeiner meint - Blick ins Land 2/Februar 2018
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