Donnerstag, 12. April 2018

Schöne Worte - und die Realität



In Linz wurden kürzlich von überall her Journalisten zusammengetrommelt. Der Schweizer Weltkonzern ABB, der im Vorjahr völlig überraschend den Innviertler Steuerungsspezialisten Bernecker&Rainer (B&R) übernahm und dafür dem Vernehmen nach fast zwei Milliarden Euro auf den Tisch legte, kündigte an, einen Forschungs- und Innovationscampus zu bauen. 1000 neue Arbeitsplätze, in Eggelsberg im Innviertel, weitab von Städten und großen Verkehrswegen.

Die Politiker, vom Landeshauptmann abwärts konnten nicht widerstehen, sich selbst auf die Schultern zu klopfen. Sie zeigten sich stolz auf ihre Betriebsansiedlungspolitik und ihre Bemühungen um Arbeitsplätze.

Gerade in Oberösterreich ist das durchaus anzuerkennen und soll gar nicht geschmälert werden. Aber gerade ein Unternehmen wie B&R zeigt, dass es nicht die die Politik und die Politiker sind, die die Arbeitsplätze schaffen, wie sie gerne den Eindruck erwecken.

Denn dieses Unternehmen wurde nicht an in der Nähe einer Stadt groß, nicht in der Nähe von Schulen und schon gar nicht im Umfeld einer Universität und auch nicht an Hauptverkehrswegen und nicht am Datenhighway. Und es brauchte auch keine Förderungen, um ABB ins Land zu locken. „Die haben uns gar nicht gefragt“, gab sogar er Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat freimütig zu. Vielmehr zeigt sich dort nachgerade exemplarisch, was Bundeskanzler Sebastian Kurz, der für die Veranstaltung eigens nach Linz kam, so formulierte. „Nicht die Politik schafft die Arbeitsplätze, sondern die Wirtschaft“, sagte er.

Unternehmen wie B&R, das innerhalb von dreißig Jahren zu einem international beachteten Betrieb wurde, gehört dazu. Und viele andere auch, die sich Tag für Tag bei den Kunden und auf den Märkten bewähren. Ihr Erfolg wurde nicht auf dem Reißbrett der Politik und von Raumplanern konstruiert und mit großen Straßen, Bahnanschlüssen und Glasfaserkabel möglich gemacht und auch nicht mit Förderungen. Sie wuchsen und entfalteten sich zuerst einmal aus eigener Kraft, sie setzen sich gegen Beschränkungen durch und gegen Einwände, sie ließen sich nicht aufhalten von Bürokratie und Fachkräftemangel und auch nicht vertreiben von Steuergesetzen und Behördenauflagen und Kontrollen. Stattdessen gingen sie eigene Wege und fanden eigene Lösungen. Und das meist und oft sogar immer abseits des politischen Einflusses und der politischen Alimentierung und auch gegen Widerstände die aus diesem Bereich kamen.

Es könnte nachgerade Schadenfreude aufkommen darüber, wie sie sich dennoch entwickelt haben und wie sie es zur Blüte gebracht haben. Denn oft konterkarieren sie die Betriebsansiedlungsbemühungen und lassen Zweifel daran aufkommen, ob denn als das so richtig ist was uns als unabdingbar und gut für die Ansiedelung von Betrieben schmackhaft gemacht wird.

Vielmehr zeigt sich, dass solche Betriebe für die Politik zur eigentlichen Herausforderung werden, wenn sie erfolgreich sind. Denn dort ist es nicht mehr mit schönen Worten getan und mit großspurigen Plänen. Dort zählt, was Sache ist. Dort zählen die Lösungen von Problemen und die Bewältigung von Anforderungen. Rasch, schnell und unbürokratisch.

Da kann die Politik zeigen, was wie wirklich kann. Abseits von feierlichen Veranstaltungen und großen Reden. Man weiß, dass es oft genau daran in Österreich hapert. Denn da sind dann oft sehr schnell die Grenzen zu erkennen. Da laufen sich die Unternehmen im bürokratischen Gestrüpp fest, fehlt es an öffentlichem Geld oder kommt man mit dem Widerstand von Bürgern nicht zurecht. Jahr und Jahr werden ihre Forderungen und Wünsche oft auf die lange Bank geschoben, Jahr für Jahr werden Unternehmen vertröstet. Die Grenzen zeigen sich bei der Lösung Verkehrsfragen, beim Ausbau des Glasfasernetzes oder wenn es um die öffentliche Anbindung geht.

Da hilft dann wenig, dass man vieles jahrelang zur obersten Priorität erklärt hat, wenn man in der Umsetzung an Schrebergartendenken, Dilettantismus und Geldmangel scheitert. Genau an dem, was die Politik wirklich zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen könnte und was Kanzler Kurz im zweiten Teil zum oben zitierten Satz so formulierte: „Wir können allenfalls die Rahmenbedingungen schaffen.“

Auch in Eggelsberg. Der Chef der ABB-Konzerns sagte klar, was er über schöne Worte hinaus von der Politik erwartet. Zumal dann, wenn von dort aus auf dem Weltmarkt tätig ist. „Bei der Infrastruktur gibt es Hausaufgaben“, sagt er.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 12. April 2018

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