Es werde eine "gemeinsame, überparteiliche Kraftanstrengung" gefordert hieß es in den Medien. Es gelte „eine Katastrophe doch noch abzuwenden“. Eine Lösungsmöglichkeit sei den Bauern mit Flächenförderungsmodellen unter die Arme zu greifen. Die Mitarbeiter der Fabrik seien schließlich seien hoch spezialisierte Facharbeiter, für sie und deren Familien wäre das auch eine persönliche Katastrophe, wenn deren Lebensgrundlage verloren ginge. Mit dem Aus der Fabrik würden der Gemeinde bis zu 300.000 Euro an Kommunalsteuern oder fünf Prozent ihrer Einnahmen verloren gehen, klagte der Bürgermeister. Und man müsste wohl Leistungen einschränken.
Man staunt, sind das doch nicht
Zitate aus bäuerlichen Kreisen und Medien und auch nicht vom Bauernbund und von
türkisen Standesvertretern und Politikern. Nein, es sind allesamt Zitate von
gestandenen SPÖ-Politikern. Vom Bürgermeister von Leopoldsdorf und von
Landtagsabgeordneten aus Niederösterreich, die sich da nicht nur für ihre
eigene Klientel, die dort Beschäftigten, sondern auch für die Bauern und die
Zuckerfabrik einsetzen. Dem Vernehmen nach bearbeitet inzwischen sogar der
niederösterreichische SPÖ-Landeschef seinen burgenländischen Kollegen und
Landeshauptmann Doskozil, sich nicht mehr länger gegen eine Notfallzulassung
der Neonics in Österreichs östlichstem Bundesland querzulegen, auf dass auch
dort wieder mehr Hektar für Leopoldsdorf und die Erhaltung der Arbeitsplätze
zusammenkommen.
Wie oft hätten sich die Bauern
in den vergangenen Jahren gewünscht, dass die SPÖ-Politiker aber auch viele
Politiker in anderen Parteien und auch die breite Öffentlichkeit so um die
Bauern bemühen. Wenn die um ihre Höfe fürchten und wenn dort Arbeitsplätze
bedroht sind, weil die Bauern mit den oft überzogenen Auflagen, mit der
überbordenden Bürokratie und mit dem Wettlauf um immer niedrigere Preise nicht
zurechtkommen. Wie sehr hätte man sich oft gewünscht, dass man erkennt, dass es
auch auf den Bauernhöfen eine persönliche Katastrophe ist, wenn die
Lebensgrundlage verloren zu gehen droht.
Davon freilich war bisher nur
ganz selten etwas zu hören, wenn die Standesvertreter und die Politiker auf die
schwierige Situation der Bauern aufmerksam machten, auf die Folgen von
überzogenen Forderungen und auf die Einschränkungen. Da galten die
Arbeitsplätze auf den Bauernhöfe nie viel, und von persönlichen Katastrophen
dort und verlorenen Lebensgrundlagen wollte man gleich gar nichts hören.
Vielleicht hat die Diskussion
um die Zuckerfabrik in Leopoldsdorf ja auch etwas Gutes, zeigt sich doch dort
exemplarisch, wie viel doch an der Landwirtschaft hängt und welche Folgen das
haben kann, wenn man meint, der Landwirtschaft alles aufbürden zu können.
Vielleicht sieht man es jetzt anders, wenn man strengere
Tierhaltungsvorschriften oder, wie jetzt die EU, eine markante Reduktion,
Düngung und Pflanzenschutz oder eine Stilllegung von Ackerflächen, Grünland und
sogar Wäldern fordert.
Vielleicht sorgt man sich in
Zukunft ja wirklich auch um die Bauern und die Arbeitsplätze auf ihren Höfen
genauso wie um die Arbeiter und die Arbeitsplätze in den Unternehmen, in denen
die Produkte der Bauern verarbeitet werden.
Gmeiner meint - Blick ins Land, 1. Oktober 2020
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