Samstag, 7. Januar 2023

Nach gutem Jahr blicken Bauern bang auf 2023

Die Einkommen der Bauern legten im Vorjahr kräftig zu. In die Freude darüber mischen sich Sorgen.

Hans Gmeiner 

Linz. Die Preise für Getreide, Milch und Fleisch waren 2022 so hoch wie nie und bescherten den Bauern ein Rekordjahr. Der Produktionswert der Landwirtschaft wuchs gegenüber 2021 um mehr als ein Fünftel. Obwohl sich die Produktionskosten um gut 27 Prozent erhöhten, blieb den Bauern nach einer ersten Schätzung von Statistik Austria je Arbeitskraft um 25,6 Prozent (inflationsbereinigt: 18,4 Prozent) mehr als 2021. Damit wurde aber nicht mehr als das Niveau von 2011 erreicht, heißt es bei den Bauern.

Die größten Zuwächse gab es in der Milchwirtschaft und im Ackerbau, ein Plus verzeichneten aber auch fast alle anderen Sparten. Einzig bei den Geflügelmästern errechnete Statistik Austria ein Minus. Zum guten Ergebnis trugen auch die Covidhilfen wie Ausfallbonus, Verlustersatz und Kurzarbeit sowie andere Maßnahmen zur Entlastung der hohen Kosten bei.

Die Bauern fürchten allerdings, dass die Preise für Betriebsmittel tendenziell noch weiter steigen werden, während bei den Preisen für ihre Produkte der Höhepunkt erreicht sein dürfte und sich der Trend umkehrt. Das zeigte sich bereits in den vergangenen Monaten.

Der Preisindex für Betriebsmittel legte zwischen dem dritten Quartal 2021 und dem dritten Quartal 2022 um 22 Prozent zu. Der Index der Agrarpreise erhöhte sich in diesem Zeitraum hingegen nur um 17 Prozent. Auch international scheint der Höhepunkt überschritten zu sein. Seit Mai fällt auch der FAO-Nahrungsmittelpreisindex. Die Lage bleibt angesichts weiter stark schwankender Preise und trotz der Hilfspakete herausfordernd. Kauf- und Verkaufsentscheidungen seien noch schwieriger zu treffen, sagt Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger, „die Zeiten sind nicht einfacher geworden“.

Am deutlichsten gingen in den vergangenen Monaten die Preise auf den Getreidemärkten zurück. Auch die Bauernmilch-Preise stehen unter Druck, aber man hofft, wie etwa Milchexperte Michael Wöckinger von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, auf eine Stabilisierung auf dem derzeitigen Niveau von 55 bis knapp 60 Cent netto pro Kilogramm. Auch die Schweineerzeuger sind zuversichtlich. Hans Schlederer von der Schweinebörse rechnet damit, dass das Preisniveau hoch bleibt, weil die Fleischproduktion in ganz Europa sinkt. Den Ferkelerzeugern gefällt das nicht. Sie hatten ein schwieriges Jahr, weil der Absatz fehlte. Nicht allzu rosig sind auch die Aussichten für die Rindfleischproduzenten. Ob die Konsumenten auch für das im Vergleich teurere Rindfleisch Geld ausgeben werden, ist unsicher.

Schwierig ist die Lage für die Geflügelhalter, insbesondere die Putenerzeuger in Österreich, denen die Aufwendungen für die tierfreundliche Haltung kaum abgegolten werden. Sie leiden unter Billigimporten.

Bei Betriebsmitteln hingegen ist der Trend der Preise nach oben ungebrochen. „Die Futtermittelpreise liegen um rund 35 bis 50 Prozent höher als im Vorjahr“, liest man im jüngst veröffentlichten „Bericht zur nationalen Versorgungssicherheit“. Saatgut wird dem Vernehmen nach heuer um 20 Prozent teurer, Pflanzenschutzmittel um 5 bis 50 Prozent und bei Düngemitteln ist wegen des unsicheren Gaspreises und der möglicherweise knappen Versorgung alles möglich. „Vor allem bei Stickstoff, der zuletzt etwas billiger wurde, sollten die Bauern die jetzigen Preise nutzen“, empfiehlt man bei Borealis, Österreichs einzigem Stickstofferzeuger.

Auch Biobauern stellen sich auf schwierige Zeiten ein. „Die Konsumenten waren uns bisher sehr treu und der Absatz war in den meisten Bereichen mit Ausnahme des Eier- und Kartoffelgeschäfts extrem stabil“, sagt Hermann Mittermayr von Bio Austria. Er befürchtet zwar keinen weiteren Anstieg der Betriebsmittelpreise, schaut aber besorgt nach Deutschland, Frankreich und Italien, wo das Biogeschäft vor allem im Fachhandel klar zurückging. „Spannend für uns wird, wenn die Kostensteigerungen in den Haushalten, die bisher von der Politik abgefedert wurden, durchschlagen“, sagt der Vermarktungs-Chef beim größten Biobauern-Verband. „Dann könnten auch wir etwas spüren.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 7. Jänner 2023

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1