Donnerstag, 15. Mai 2025

Sparen? Am besten nach dem Floriani-Prinzip

Abschaffung der Bildungskarenz, Aussetzung der Valorisierung der Sozial-und Familienleistungen für zwei Jahre, Verschiebung von Infrastrukturprojekten, Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters, Redimensionierung der Klimaförderung, die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge für Pensionisten und vieles andere mehr -was da der Finanzminister am Dienstag dieser Woche als Sparpaket präsentierte, fällt vielen schwer zu akzeptieren. Die Reaktionen fielen schon im Vorfeld mitunter sehr heftig aus. "Die Pensionisten haben das nicht verursacht", hieß es schnell. Ein Aufschnüren des Gehaltsabschlusses der Beamten wäre genauso "fatal" wie die Aussetzung der Valorisierung der Familienleistungen. "Wir verstehen den Sparzwang, aber bei den Kindern zu sparen ist niemals zukunftsfitte Politik", hieß es oder "während bei Pensionisten gekürzt wird, gibt es Millionen für afrikanische Nuss-Bauern" und "Mit alten Technologien können wir keine digitale Zukunft gestalten, wenn Fördermittel ausbleiben, kommen Projekte zum Erliegen". Kurzum und zusammengefasst in der österreichischsten aller Fragen in solchen Fällen: "Seid's ihr komplett ang'rennt?", wie ein verärgerter Bürger schrieb.

Da ist nichts von einer gemeinsamen, gar nationalen Kraftanstrengung, für die man bereit ist, etwas beizusteuern. Nichts von Verständnis und schon gar nichts davon in der Not zusammenzuhalten, um gemeinsam aus der Patsche zu kommen. Das Große und Ganze gilt auch in einer Situation, in der wir uns jetzt befinden, nichts. Ganz im Gegenteil - das Floriani-Prinzip regiert. Zusammenhänge werden ignoriert und geleugnet. Man fragt vor allem, warum will man ausgerechnet bei mir sparen, warum soll es ausgerechnet mich treffen. Man wird umgetrieben von der Sorge benachteiligt zu werden und zu kurz zu kommen und jeder kennt jemanden, bei dem es gerechter wäre, dort zu sparen. Die Notwendigkeit wird von vielen, jedenfalls was sie selbst betrifft, geleugnet und gerne auf andere abgeschoben.

"Die Reform muss in den Köpfen stattfinden", hieß es in den vergangenen Wochen immer wieder. Und "wir müssen uns vom Vollkaskostaat verabschieden". Das Verständnis dafür blieb überschaubar. Da halfen auch keine meterlangen Abhandlungen darüber, dass der Staat heuer trotz Rekordeinnahmen um 22 Milliarden Euro, knapp 2500 Euro pro Kopf, mehr ausgibt, als er einnimmt. Auch der seitenweise mit Datenmaterial unterfütterte Verweis darauf, dass kein Staat der Erde mehr Geld für Sozialleistungen ausgibt als Österreich, verfängt nicht. Und schon gar nicht, dass der Staat mit all seinen Aufwendungen für öffentliche Verwaltung, Erziehung, Unterricht und Gesundheits-und Sozialwesen mit Gesamtaufwendungen von mehr als 80 Milliarden Euro sich längst zum "Wirtschaftsfaktor Nummer 1" gemausert hat, wie die Agenda Austria feststellt. Mittlerweile sogar sehr deutlich vor Bergbau und Herstellung von Waren, Handel, Grundstücksund Wohnungswesen, Dienstleistungen und Bau. "Seit dem Krisenjahr 2019 ist kein Sektor nominell so stark gewachsen wie der staatliche", hält Agenda Austria fest. Da nimmt nicht wunder, dass mancher Kommentator Österreich als zu einer Staatswirtschaft verkommen sieht.

"Anything goes" wurde in den vergangenen Jahren zur Haltung und machte sich breit. "Koste es, was es wolle" wurde verinnerlicht -von der Politik und von den Bürgern. Der Geist ist längst aus der Flasche. Und in einem politischen Klima, das sich in einem haltlosen Populismus zusehends aufheizte und auch radikalisierte, gibt es immer mehr Forderungen von allen Seiten und immer weniger Bereitschaft zu Lösungen beizutragen. Eine "gefährliche Vollkaskomentalität" habe da um sich gegriffen wird mitunter kritisiert, eine Mentalität, die Bürgerinnen und Bürger in allen schwierigen Lebenslagen und nicht nur in diesen nach Hilfe durch den Staat rufen lasse.

Nun geht es darum, den Teufelskreis zum Anhalten zu bringen. Das Sparpaket kann ein Anfang dazu sein. Es muss freilich von echten strukturellen Reformen begleitet werden, um die Wirkung nachhaltig abzusichern. Schließlich kann man sich der Realität nicht verweigern.

Deutschland zeigt es, auch wenn es einstweilen noch nicht mehr als Absicht ist, gerade vor. Dort reden jetzt alle davon, dass es darum geht, die Wirtschaft, der man in den vergangenen Jahren alles zumutete, wieder in die Gänge zu bringen. Sogar die SPD und die Grünen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 15. Mai 2025

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1