Die Rating-Agentur Moody 's hat Österreich heruntergestuft. Von "stabil" auf "negativ". Als Gründe wurden die anhaltende und erhebliche Schwächung der Finanzkraft Österreichs genannt. Es sei von einer steigenden Staatsverschuldung auszugehen, zudem könnten die alterungsbedingten Ausgaben und Zinskosten höher ausfallen als erwartet.
Das Echo im Land war bescheiden, die Meldungen in den Medien klein. Und von der Politik war gleich gar nichts zu hören. Man hatte anderes zu tun. Wie immer möchte man sagen. Die Anwendung der Scharia bei einem Vertrag regte auf, obwohl das in der Rechtswelt immer eine Möglichkeit war, die ganz normal war. Aufgeregtheit allerorten von den Freiheitlichen bis zur Kanzleramtsministerin. Reflexartig und ohne sich lange um Sachlichkeit zu kümmern. Man glaubte, was man immer glaubt -Empörung zu zeigen zieht.Man hält das für Politik. Genauso wie man für Politik hält, wenn man eine Umfrage hinausposaunt, der zufolge angeblich 59 Prozent der Österreicher für ein "ausländerfreies Schwimmbad" sind, oder zum Skandal macht, wenn der Vizekanzler zum Abschied seines Vorgängers im Amt zu einem Buffet lädt, das angeblich 2.000 Euro gekostet hat. Oder wenn man versucht, mit dem Slogan "Unsere Kinder geben wir nicht" Panik zu schüren, dass österreichische Soldaten in der Ukraine zum Einsatz kommen könnten. Das passt zu einem Verständnis, dass 827 parlamentarische Anfragen zur Covid-Zeit oder tausende Fragen zu Geldflüssen an Ministerien als Politik gelten.
All solche Themen, auch, dass ÖVP-Klubobmann Wöginger nun doch vor den Richter muss, mögen wichtig sein, aber warum können sie so viel Platz einnehmen und warum wird ihnen so viel Platz gegeben in einer Zeit, wo das Land viel größere Probleme plagen? Warum können sie nicht geordnet, wie es vorgesehen ist, abgearbeitet werden, um frei zu sein für die wirklichen Themen, bei denen es ums Fortkommen geht, um die Zukunft? Bei der Teuerung, bei den Energiekosten, bei Wirtschaft und Industrie, im Gesundheitswesen, bei den Pensionen oder bei staatspolitischen Themen wie der Neutralität.
Ein "Kraut-und Rüben-Untersuchungsausschuss", wie die FPÖ einen wollte, um mit Pilnacek und Covid ein Dauerthema zu schaffen, hilft da nicht. Und auch kein Badeverbot für Ausländer, kein Kopftuchverbot und auch kein loses Gerede von einer Festung Europa. Das alles frisst nur unnötig politische Energie und Kapazitäten, blockiert und bindet politische Lösungskraft, die angesichts der Probleme, die das Land hat, dringend gefordert ist. Abbeißen kann man sich davon nichts, kaufen auch nicht und billiger wird schon gar nichts davon.
Österreichs Politik bewegt sich vornehmlich auf Nebengleisen. Dass das so ist, daran hat die Freiheitliche Partei einen großen Anteil. Sie hat sich darauf verlegt, Empörung zu erzeugen und zu kanalisieren, um davon zu leben. Und das, ohne irgendwelche Lösungen zu bieten, ohne Kompromissbereitschaft zu zeigen und ohne Willen zu irgendeiner Zusammenarbeit. Was mit Jörg Haider begann, hat Kickl in den vergangenen Jahren perfektioniert. Eines der Probleme Österreichs ist, dass sich die anderen Parteien davon anstecken und sich in einen ziel-wie erfolglosen Populismus verstricken haben lassen. Und man fragt sich, warum das geschehen konnte.
"Kinder, wir haben zu tun!", möchte man hie und da den Akteuren zurufen. Die Inflation plagt und die Energiekosten auch, Wirtschaft und Industrie klagen und das Gesundheitswesen zerbröselt, ganz abgesehen davon, dass wir in Europa zu den Hinterbänklern gehören. Wir, die einstige Insel der Seligen.
Schmerzlich vermisst man Macher in der Politik. Leute, die ihren Weg gehen und Leute, die sich nicht rausbringen und die sich nicht treiben lassen. Sie sind selten geworden in der Politik, für die sich kaum mehr wer hergeben will. Und gibt es einmal dennoch welche, die man für Macher hält und denen man zutraut, sich durchzusetzen, kommen sie schnell in Gefahr und straucheln wie etwa Sepp Schellhorn.
Es fehlt an einer klaren Politik im Land und auch an Machern, die ihren Weg gehen -freilich auch die nötige Unterstützung von der Öffentlichkeit und von den Medien. Die ist viel zu selten zu finden, lechzen doch alle viel zu sehr nach Sensationen.
Das ist Kultur geworden im Land. Leider. Über die wirklichen Probleme will man lieber nicht reden. Nirgends. Weil man Konflikte vermeiden will. Weil man zu feig ist. Aber auch, das muss auch gesagt sein, weil man keine wirklichen Ideen hat oder nicht das nötige Rückgrat.