Donnerstag, 4. September 2025

Von "Deckeln" - und von Pharisäern

Was wurde nicht alles angekündigt, was bei der Regierungsklausur in dieser Woche Thema sein sollte. Allerhand "Bremsen" und allerhand "Deckel", um die Teuerung in den Griff zu bekommen. Manche zeigten kaum Scheu Pläne zu ventilieren, um in Märkte und Eigentum einzugreifen. Es kam viel vor, das manchen verwunderte, es kam aber eins nicht vor: es war keine Rede von einer Bremse oder gar Deckelung bei den öffentlichen Gebühren, keine Rede davon, dass die öffentliche Hand bei sich selbst spart und damit zur Dämpfung der Inflation beiträgt. Dabei lieferte just die Stadt Wien dafür einen Tag vor Beginn der Klausur ein eindrückliches Beispiel mit der Ankündigung, die Preise für Öffi-Tickets und fürs Parken um bis zu 30 Prozent und zum Drüberstreuen auch die Tourismusabgabe kräftig anzuheben. Just das rote Wien. Dort, wo die regieren, die sonst am liebsten sofort eingreifen würden, wenn ihnen irgendwo etwas zu teuer ist.

Aber das passt zum arglosen Umgang der öffentlichen Hand mit der Teuerung. Auch der Strom wurde um mehr als dreißig Prozent teurer. Dabei lernte man doch seinerzeit, dass die Energieversorgung in der öffentlichen Hand bleiben müsse, um nicht schutzlos den doch oft ach so bösen Märkten ausgeliefert zu sein. Nun, man weiß inzwischen, dass der Hase anders läuft, dass die Gesellschaften, die zumeist im Eigentum der Länder und auch des Bundes stehen, das anders sehen und dass die Landeshauptleute gerne die Hände in Unschuld waschen. Dabei ist der Anteil der nach dem Wegfall der Strompreisbremse gestiegenen Strompreise an der Inflation ungefähr genauso hoch wie der, der der viel gescholtenen Hotellerie und Gastronomie zugeschrieben wird.

Anders als beim Strom mag es beim Einfluss der öffentlichen Gebühren auf die Teuerung insgesamt um deutlich weniger gehen. Allein, aber nicht nur der Symbolik wegen, wäre es angebracht gewesen, auch dieses Thema auf die Tagesordnung der Regierungsklausur zu nehmen.

Denn was die öffentlichen Stellen den Bürgerinnen und Bürgern gerade in den vergangenen Monaten abverlangt haben, war nicht nur in Wien und nicht nur wegen der aktuellen Ankündigungen nicht nichts. Alleine im Juli betrug der Preisanstieg der Gebühren, die von den Verwaltungseinrichtungen eingehoben wurden, nicht weniger als 74 Prozent, ermittelte die Statistik Austria.

Da verwundern Schlagzeilen wie "Staat heizt Teuerung zusätzlich an" nicht, die in den vergangenen Wochen immer öfter zu sehen waren. Die Gebühren für Reisepässe, Personalausweise und für den Führerschein wurden kräftig angehoben. Und wer dem entkommen ist, hat in diesen Wochen und Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit mit kräftigen Erhöhungen der Wasser-, Abwasseroder Müllgebühren zu kämpfen.

Vielen Kommunen mag man zugutehalten, dass sie rund um und nach Corona lange zuwarteten mit Erhöhungen. Dass aber nichts davon zu hören ist, dass man einsparen will, ist dennoch auffällig. Laut Agenda Austria legten die Einnahmen seit 2019 um 31,3 Prozent zu, um knapp sechs Prozent über der Inflationsrate in diesem Zeitraum. Die Ausgaben wuchsen gar um 38,6 Prozent und damit um 13 Prozent mehr als die Inflationsrate. Und tief blicken lässt auch ein Satz aus einer Analyse des Wirtschafts-Think-Tanks: "Seit 2008 sind fast 22.000 Vollzeitposten hinzugekommen, das ist ein Anstieg um fast ein Fünftel." Vor allem beim Wiener Rathaus, wo der Anstieg kein Ende zu nehmen scheint, spart man nicht mit Häme: "Haben sie denn heute mehr Aufgaben zu erfüllen als vor 15 Jahren?"

Am Potenzial kann es kaum liegen, dass man nichts zur Verringerung der Teuerung beitragen kann. Das alleine zeigt schon ein Vergleich der Müllgebühren, den die Stadt Wien anstellte. Warum kommt Salzburg mit einem Drittel der Gebühren für den Restmüll aus und Wien mit knapp der Hälfte dessen, was den Einwohnern St. Pöltens abgeknüpft wird. Und warum machen die Kanalgebühren in Bregenz für einen 2-Personen-Haushalt nur 157 Euro aus, in Wien 236 Euro, in Klagenfurt aber 418 Euro?

Und wenn von der öffentlichen Hand die Rede ist, sollte man auch von den Sozialpartnern reden. Gerade von jenem, bei dem gerne "Deckel" gefordert werden und bei dem man sich besonders laut Sorgen um Preise macht. Die Arbeiterkammer lukrierte im Vorjahr aus der Arbeiterkammer-Umlage mit insgesamt 653 Millionen um 7,4 Prozent oder 45 Mio. Euro mehr als im Jahr zuvor. Ach ja -und die Personalkosten legten um zehn Prozent zu.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 4. September 2025

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