Freitag, 3. September 2010

Die Landwirtschaft weiß um ihre Schwächen




Das Agrarsystem wird in diesen Tagen unter seinem Wert geschlagen. Zu verbessern ist es dennoch.

Die Bauern sind in diesen Tagen wieder einmal das, was sie am wenigsten wollen. Sie sind zum Spielball geworden. Geldverschwendung, Absahnerei und Ineffizienz wird der Landwirtschaft vorgeworfen, das ganze Förderungssystem an den Pranger und als unsinnig hingestellt und eine Umverteilung der Mittel eingemahnt.

Mögliche negative und kontraproduktive Folgen solcher Forderungen werden freilich tunlichst nicht diskutiert. Die Fixierung der Strukturen gehören da genauso dazu wie ein Festhalten an einer oft ineffizienten und international nicht konkurrenzfähigen Landwirtschaft, die keinesfalls die Forderung der Gesellschaft nach preisgünstigen Lebensmitteln erfüllen kann. Erst recht wird nicht diskutiert, dass damit die Bauern in eine noch höhere Abhängigkeit von Fördergeldern geraten würden.

So schlecht, wie das Agrarsystem in diesen Tagen gemacht wird, ist es nicht. Bisher ist es gelungen, damit Österreich flächendeckend zu bewirtschaften. Die die Landschaft ist gepflegt und damit Kapital und Grundlage für einen der wichtigsten Wirtschaftszweige Österreichs, den Fremdenverkehr. Landwirtschaft wird im Vergleich zu anderen Ländern mit relativ bescheidener Intensität betrieben, der Anteil von Biolandwirtschaft ist sehr hoch. Die Bauern schafften es, das kleine Österreich bei Nahrungsmitteln zum größten Teil zum Selbstversorger zu machen. Mehr noch: der Lebensmittelexport ist längst eine der wichtigsten Stützen des Außenhandels.
Das fein ziselierte System mit seiner Vielzahl an Programmen und Förderungen sorgte bisher auch dafür, dass in Österreichs Landwirtschaft die Strukturen mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 20 Hektar, zehn Kühen und 40 Schweinen im internationalen Vergleich noch sehr bäuerlich sind - allem Druck der Märkte zum Trotz.
All das ist freilich kein Grund, dieses System nicht zu ändern und nicht weiter zu entwickeln. Es gibt Schwächen, es gibt Ungerechtigkeiten bei den Förderungen, und es gibt Anpassungsbedarf bei den Ausgleichszahlungen, die zuweilen absurde Höhen erreichen.
Das weiß man in der Landwirtschaft. Die geplanten Einsparungen im heimischen Budget und die geplante EU-Agrarreform verlangen den Bauern enorme Anpassungen ab.
Sie wollen aber eine kontinuierliche Entwicklung und nicht, dass das Kind mit dem Bad ausgeschüttet wird.

Salzburger Nachrichten / Seite 1 - 4. September 2010

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1