Mittwoch, 18. Juli 2012
Die „gut so!“-Bauern sind enorm verärgert
Das Ende des „gut so!“-Markenprogramms erzürnt die Bauern. Sie fühlen sich von der Politik weggelegt.
HANS GMEINER Salzburg (SN). Schnifner Bergkäse, Piberegger Ziegenkäse, Sennereibutter oder Honigkrustenschinken zählen zum Besten, das die heimische Landwirtschaft zu bieten hat. Bergbauern und kleine Sennereien in Vorarlberg und bäuerliche Betriebe in der Steiermark und in Niederösterreich lieferten Produkte wie diese bisher unter dem Gütesiegel „gut so!“ an regionale Händler, Feinkostläden und Gastronomie. Jetzt sind sie sauer, weil ihnen diese Vermarktungsplattform samt Gütesiegel abhanden kommen soll. Mit Anfang Juli übernahm die AMA-Marketing das Programm von fairea, einer Tochtergesellschaft des Ökosozialen Forums. Auch wenn die offizielle Entscheidung noch nicht gefallen ist, gilt die Einstellung der Marke, in die in vier Jahren 1,1 Millionen Euro an Förderungen flossen, als ausgemacht.
Das erbost Peter Dünser als Bauer und Chef der Sennerei Schnifis zutiefst. „Das war etwas für uns Bauern, mit dem wir uns auf dem Markt differenzieren konnten“, sagt er. „Gerade kleine und mittlere Betriebe, die sich an internationaler Spitzenqualität messen wollen, brauchen ein Instrument oberhalb der gängigen AMA-Siegel.“
Darum versteht er nicht, dass sich das Ökosoziale Forum schon nach vier Jahren von diesem Projekt verabschiedete. „Man muss doch am Anfang gewusst haben, dass fünf Jahre für so ein Projekt gar nichts sind“, sagt Dünser. „Das Team von fairea und ,gut so!‘ hat gute Arbeit geleistet.“ Seine Sennerei etwa habe neue Kunden gefunden und sei über Partner wie die Weinmarketing in neue Schichten hineingekommen. „Wir liefern jetzt nicht nur in Vorarlberg, sondern auch nach Südtirol und sogar in Berlin sind wir in der Spitzengastronomie.“
Schuld am Scheitern gibt Bauer Dünser der Agrarpolitik. „Es wurde nie ernsthaft geschätzt, was wir geschaffen haben“, sagt Dünser. „Die AMA-Marketing und die Agrarpolitik haben das Siegel einfach nicht gewollt, sondern uns immer nur belächelt.“ Darum sei nicht verwunderlich, dass die ursprünglichen Ziele nicht erreicht worden seien. Der niederösterreichische Agrarlandesrat Stephan Pernkopf, Nachfolger von „gut so!“-Erfinder Franz Fischler als Obmann des Ökosozialen Forums, hat nach Ansicht Dünsers „nicht die Notbremse gezogen, sondern das Projekt loswerden wollen“.
Wie es mit den 28 Bauern und acht Verarbeitungsbetrieben, die zuletzt nach „gut so!“-Richtlinien arbeiteten, weitergeht, ist offen. In die AMA-Marketing setzt Dünser keine Erwartungen. Der Vorarlberger Agrarlandesrat Erich Schwärzler will laut Dünser noch einmal seine Kollegen mit dem Thema befassen. Die Landesagrarreferenten haben sich freilich schon vor zwei Jahren aus der Förderung des Projekts verabschiedet. Eher könnte eine Kooperation mit der deutschen Schweissfurt-Stiftung zustande kommen. „Wenn wir nicht auf privater Basis etwas finden, ist es wohl endgültig vorbei“, macht sich Dünser keine Illusionen.
Salzburger Nachrichten, Wirtschaft, 18. Juli 2012
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