Donnerstag, 5. Juli 2012

Eine Verwechslung namens Politik





"So etwas geht sogar meinen jungen Feuerwehrern hinein, die reden da drüber, denen reicht‘s“. Der Feuerwehrchef einer kleinen Wehr auf dem flachen Land ärgert sich über das, was in Österreich so gerne für "große Politik“ gehalten wird - die Schacherei und das Geschiebe, wenn es darum geht, Posten zu besetzen und fremdes Geld zu verteilen, und wie man sich dabei trotzdem von jeder Verantwortung abputzt .

Und von all dem gab es in den vergangenen Wochen genug. Mehr als genug. Man mag zu Arbeiterkammer-Muhm stehen wie man will, was rund um seine Abberufung aus dem Generalrat der Nationalbank vor sich ging, war so entblößend wie abstoßend. Nicht anders das Gefeilsche und das Hickhack um die Neubesetzung der Leitung des Wiener AMS oder die Verlängerung eines ASFINAG-Vorstands. Alle Vorurteile erfüllten gleich eine Reihe von ehemaligen Ministern und anderen Politikern im parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit der Leichtigkeit und Dreistigkeit, mit der sie jede Verantwortung für ihr Tun abstritten und sich unwissend stellten. Und gar nicht zu reden von dem, was die Parteien als Neuordnung der Parteienförderung feierten. 29 Mill. statt knapp 16 Mill. Euro für die Bundesparteien aus dem Staatssäckel, das die Steuerzahler füllen. Und das in einer Zeit, in der die Politiker ihrem Volk Tag für Tag predigen, dass sie jeden Euro umdrehen müssen und es nur einen Weg gibt, die Zukunft zu meistern - sparen.

Genau davon freilich war rund um die Parteienförderung keine Rede. Nichts davon, dass die Forderung nach Anpassung der Strukturen, nach Sparen und neuen Organisationsformen und all dem anderen, was tagtäglich von irgendeinem politischen Bankerl gepredigt wird, auch für die Parteien selbst gilt. Bundesparteizentralen in Nobellagen, üppig ausgestattete Landesparteizentralen und dazu noch Niederlassungen in allen Bezirken. Der Verwaltungsapparat, den sich die Parteien zu Absicherung ihres Überlebens aufgebaut haben, hat beachtliche Dimensionen angenommen. In der Überzeugung, sich Wählerstimmen zu sichern, und in der Überzeugung, das für Politik zu halten, haben sich Parallel-Universen zu den ohnehin vorhandenen öffentlichen Einrichtungen etabliert. Da werden Beratungen für Jugendliche und Senioren angeboten, Kinderferien und Schulungen. Die Vielfalt des Angebotes ist schier unendlich. Das kostet. Und nicht nur das - man mag gar nicht an die Unzahl der Plakate, Aussendungen und Veranstaltungen in Wahlkampfzeiten denken.

Das freilich aber scheint kein Thema zu sein bei vielen hohen Damen und Herren, die davon leben, fremdes Geld, nämlich das der Steuerzahlerin, respektive des Steuerzahlers, einzusammeln und neu zu verteilen. Das ist genauso inakzeptabel und abstoßend wie die Ränke-und Machtspiele um die Besetzung von Posten. Was wurde dabei dem Volk nicht schon alles an Versprechungen und Abmachungen vorgesetzt. Nichts haben sie offenbar bewirkt, jedenfalls nichts, das von Nachhaltigkeit zeugen würde. Alles offenbar nur Schall und Rauch, wenn man Revue passieren lässt, was in den vergangenen Wochen durch die Medien ging.

Man neigt fast dazu zu glauben, dass Politiker das sind, was immer mehr Leute von ihnen halten - selbstbezogen, macht- und geldgierig und oft ohne Verantwortung. Und allen Sonntagsreden zum Trotz völlig lern-resistent. Da ist es kein Wunder, dass jüngsten Umfragen zufolge 40 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher gar nicht mehr wählen gehen wollen und die Mehrzahl der Jungen den Versprechungen von politischen Glücksrittern, denen man nie einen Staat anvertraut wissen möchte, nachlaufen. Man ist geneigt, sie allesamt zu verstehen, so wie das Wahlvolk ständig vorgeführt wird. Man kann pfeifdrauf werden in einem Land, in dem sich sogar die christlich-soziale Partei, die ihre Gesinnung und Grundsätze so gerne als parteigewordene Gutheit vor sich herträgt, genötigt sieht, sich einen Verhaltenskodex zu verpassen, weil die eigenen Funktionäre offenbar trotz alledem ihre Orientierung und damit den Ruf verloren haben. Dass ein Tansparenzpaket als die große politische Leistung der vergangenen Wochen abgefeiert wird, passt da dazu. Man ist durch die Notwendigkeit, sich mit an sich Selbstverständlichem zu beschäftigen, blockiert, und hält das in aller Verblendung für zukunftsweisende Politik. Mit Verlaub - da liegt eine Verwechslung vor.

Meine Meinung Raiffeisenzeitung, 5. Juli 2012

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