Montag, 23. Juli 2012
Trend zu Fisch überrollt Fischer
Fisch wird immer beliebter. Die Fischereiwirtschaft kann aber den Trend nicht nützen.
HANS GMEINER Linz (SN). Im Kescher, den Erich Glück aus dem Wasser seiner Fischzuchtanlage im oberösterreichischen Mauerkirchen zieht, zappeln Saiblinge. Stolz präsentiert er sie seinen Besuchern. „Die Nachfrage ist groß“, sagt er. „Die Konsumenten schauen heute sehr genau, wo die Fische herkommen.“ Von seinem Vater übernahm er vor Jahren einen landwirtschaftlichen Fischereibetrieb in Wolfern. Heute produziert er an vier Standorten. Bei Salmonoiden, wie Forellen und Saiblinge in der Fachsprache genannt werden, zählt er zu den Großen der Branche. 100 Tonnen Fisch erzeugt er in seinen drei Aquakulturanlagen in Oberösterreich. Dazu kommen 400 Tonnen in einer Anlage im Kärntner Rosental, die er vor zwei Jahren kaufte.
Glück setzt alles daran, den Trend zu Fisch zu nützen. In den vergangenen zehn Jahren stieg der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch in Österreich um gut 40 Prozent auf knapp acht Kilogramm. Besonders gefragt sind Süßwasserfische. Ihr Anteil am Gesamtverbrauch liegt heute bei fast 50 Prozent. Vor zehn Jahren waren es nur 25 Prozent.
Der Wermutstropfen dabei: Nur ein Drittel der Süßwasserfische, die in Österreich konsumiert werden, kommen aus heimischen Gewässern. Während sich die Einfuhren in den vergangenen 20 Jahren verdoppelten, dümpelt die Produktion der heimischen Fischereiwirtschaft (rund 400 Unternehmen, 1200 Beschäftigte) seit Jahren bei knapp über 2000 Tonnen. 90 Prozent davon kommen aus Aquakulturen und Teichen, zehn Prozent aus Seen und Flüssen. Der Selbstversorgungsgrad beträgt nur 34 Prozent.
Die Situation der heimischen Fischereiunternehmen ist trotz guter Marktaussichten schwierig. Man tut sich schwer gegen die Billigkonkurrenz aus Dänemark, Italien, Frankreich, Chile und der Türkei, die vorwiegend in industriellen Maßstäben produziert. Dass ihnen die heimische Bürokratie und ein fischereifeindliches Wasserrecht das Leben zusätzlich erschweren, macht die Situation nicht einfacher.
Glück ist dennoch davon überzeugt, dass die heimische Produktion innerhalb weniger Jahre markant gesteigert werden kann. Agrarpolitiker wie der oberösterreichische Landesrat Max Hiegelsberger glauben, dass dabei Bauern, die neue Einkommensmöglichkeiten suchten, eine wichtige Rolle spielen könnten.
„Wir brauchen aber mehr Rückhalt von der Politik“, hakt Glück ein. Genau das versucht Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich zu bieten. „Aquakultur 2020“ heißt das Projekt, mit dem die Produktion auf 5500 Tonnen und der Selbstversorgungsgrad auf 60 Prozent erhöht werden sollen.
Dazu beitragen sollen auch die Einführung des AMA-Gütesiegels für Fische und der Ausbau der Fisch-Genuss-Regionen. Auch die Produktion von Biofischen, die derzeit nur wenige Prozent ausmacht, könnte dann bedeutender werden.
Klar ist, dass die heimischen Fischer auch in Zukunft darauf angewiesen sein werden, Nischen zu bedienen. „Mit den Preisen im Großhandel werden wir nie mithalten können“, sagt Glück. Oft liegt man um das Doppelte und mehr darüber.
„Im Handel gibt es tiefgekühltes Zanderfilet um neun Euro“, sagt Wolfgang Hiesmayr, der in Hofkirchen bei Steyr Fische züchtet und auf seinem Bauernhof und in Linz unter der Marke Jagerbauer vermarktet. „Ich schaffe das nicht unter 40 Euro.“
Dafür freilich ist dieses Filet frisch aus dem Teich. Genau deswegen glaubt Hiesmayr, auf dem richtigen Pfad zu sein. „Denn die Regionalität und die Frische sind bei den Konsumenten große Themen.“
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 23. Juli 2012
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