Dienstag, 12. Februar 2013

Absprachen machen sprachlos





Die Kartellstrafe für Berglandmilch schadet der Landwirtschaft und legt die Ungleichgewichte gegenüber dem Handel offen.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Bei Berglandmilch gab man sich ahnungslos, während die Bundeswettbewerbsbehörde vor zwei Wochen die Salzburger Spar-Zentrale filzte. „Wir rechnen damit, dass sich die Wettbewerbsbehörde die gesamte Lebensmittelbranche anschaut“, gab man damals zu Protokoll. Dass man zu diesem Zeitpunkt bereits seit Tagen eine Kartellstrafe der Wettbewerbshüter in Höhe von 1,125 Mill. Euro wegen illegaler Preisabsprachen auf dem Tisch hatte, verschwieg man tunlichst.

Nicht nur dem größten heimischen Milchverarbeiter ist diese Strafe unangenehm. Auch die Agrarpolitik schweigt zu diesem Thema. Es gibt keinerlei Stellungnahme dazu und im Pressedienst der Bauernkammern sucht man die Meldung ebenso vergeblich wie in den Kammerzeitungen. „Das Thema soll nicht weitergespielt werden“ ist alles, was man dazu hört. Das mache die Preisverhandlungen der Molkereien mit dem Handel noch schwieriger. „Wir brauchen nämlich dringend höhere Preise.“

Man versteht den Aufschrei der IG-Milch-Chefin Erna Feldhofer, die Konsumenten und Bauern betrogen sieht. Denn die Optik für ein Unternehmen, das wegen Preisabsprachen verurteilt wird und trotzdem seine Bauern eher unterdurchschnittlich bezahlt, schaut in der Tat nicht gut aus – zumal, weil es genossenschaftlich organisiert ist, also im Eigentum der Bauern selbst steht.

Die Optik schaut aber nicht nur für Berglandmilch, sondern für die gesamte Landwirtschaft nicht gut aus. Der Schaden ist beträchtlich. Die Strafe für den Milchriesen ist nichts als Wasser auf den Mühlen der Arbeiterkammer, die seit Langem zu hohe Lebensmittelpreise in Österreich anprangert. Für die Bauern wird es damit wohl noch schwieriger, zu dem zu kommen, was sie als gerechte und notwendige Preise für ihre Produkte ansehen.

Denn die Strafe für Berglandmilch macht den in Österreich bereits übermächtigen Lebensmittelhandel noch stärker. Schon jetzt ist das Gleichgewicht zwischen Handel und Verarbeitern aus dem Lot wie kaum anderswo. Mit einem Marktanteil von zusammen 85 Prozent ist die Marktmacht der drei großen Handelsketten erdrückend. Die Einkäufer diktieren die Preise, und wer sich dem nicht fügt, fliegt aus den Regalen. Weil es kaum Alternativen, zumal für große Mengen, gibt, ist es für die Lebensmittelverarbeiter oft eine Überlebensfrage, die Krot zu schlucken und lieber schlechte Preise zu akzeptieren, als auf der Ware sitzen zu bleiben.

Das Verhältnis zwischen Handel und Verarbeitern ist in den vergangenen Jahren so komplex und vielschichtig geworden, dass es einem gordischen Knoten gleicht. Ihn zu durchschlagen wäre längst eine zentrale Aufgabe im Interesse der Konsumenten und der Bauern geworden. Entsprechende Bemühungen sind jedoch überschaubar.

Noch jedenfalls sind die Gewichte völlig verschoben. Zeichen dafür ist auch, dass bisher einzig Berglandmilch wegen Preisabsprachen bestraft wurde. Von Strafen für die, mit denen diese Absprachen getroffen wurden, ist hingegen nichts bekannt.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 12. Februar 2013

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