Donnerstag, 28. Februar 2013
Land am Tropf
Der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler wirbt vor den Landtagswahlen am kommenden Sonntag mit dem Slogan "Unser Geld für unsere Leute“. Ausgerechnet. "Kärntner Familiengeld“ verspricht er, "Kärntner Gesundheitsgeld“ und "Kärntner Baugeld“. Ausgerechnet das Land, das keinen Knopf mehr in der Tasche hat, das die höchsten Schulden hat, das ein reiner Sanierungsfall ist, empört man sich außerhalb Kärntens, tut so, als sei "nach Haiders Tod nicht die Sonne, sondern ein Geldsack vom Himmel gefallen“, wie eine Zeitung befand. Wie könne man dort von "unserem Geld“ sprechen, wo es doch das längst nicht mehr gebe, wo doch längst ganz Österreich dafür grade stehen muss, dass dort überhaupt noch etwas geht.
Der Ärger und die Häme sind verständlich. Sie sollten sich freilich nicht auf Kärnten beschränken. Was Dörfler und die Seinen so exzessiv vorführen, ist im Grunde nichts anderes als das Selbstverständnis von Politik in seiner Endausbaustufe, dem man nicht nur in Kärnten, sondern auch in anderen Ländern und auf Bundesebene viel zu oft nachhängt. Allerorten macht man trotz leerer Taschen gerne auf reichen Mann, verspricht, zumal wenn Wahlen ins Haus stehen, gerne für dies und jenes Geld, macht Leute madig, die vom Sparen reden oder neue Strukturen einmahnen, und legt drauf und drauf und drauf.
Nachgerade animiert von der Politik will niemand seine Ansprüche zurückdrehen und will niemand locker lassen und nachgeben, weil man Angst hat, zu kurz zu kommen. "Wenn der nimmt, nehme ich auch“, ist die Devise. "Und wenn der etwas bekommt, habe ich auch keine Scheu etwas zu verlangen.“
Die Folgen haben das Zeug, bald das Prädikat "verheerend“ zu verdienen. Auf 230 Milliarden Euro sind die österreichischen Staatsschulden inzwischen angestiegen. Und es werden immer mehr.
Wie ein Junkie hängt ein ganzes Land am Tropf. Ohne Subvention, Förderung und Unterstützung aus irgendeinem Topf eines öffentlichen Haushaltes geht kaum mehr etwas. Im Privatbereich nicht und auch nicht bei den Unternehmen. Die Kalkulation von Investitionen orientiert sich hierzulande viel zu oft nicht an Themen der Rentabilität, sondern viel zu oft ausschließlich an der Verfügbarkeit von Förderungen.
In der Wirtschaft hat man sich längst daran gewohnt und im Privatbereich sowieso. Längst ist man abhängig. Oft ist dabei die Eigenständigkeit unter die Räder gekommen, die Eigeninitiative und die Eigenverantwortung. Ohne Förderung ist man nichts und tut man nichts. Viel zu oft dienen öffentliche Mittel alleine dazu, Verhältnisse, und seien sie noch so ungerecht und überholt, zu konservieren, viel zu selten dazu, Neues entstehen zu lassen.
Auf diese Weise ist Österreich beim Anteil der Förderungen am Brutto-Inlandsprodukte zum zweifelhaften Titel "Europameister“ gekommen. Die Geldleistungen aller Gebietskörperschaften vom Bund über die Länder bis hin zu den Gemeinden haben bereits ein Volumen von 75 Milliarden Euro erreicht. Das sind 25 Prozent des BIP - so viel wie in keinem anderen Land Europas. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die vergleichbare Quote 18,5 Prozent, in Frankreich 21,7 Prozent. Im EU-Schnitt liegt sie bei 19 Prozent. Ein Großteil dieses Geldes, 19 Prozent des BIP, floss an Privatpersonen, geht aus dem Subventionsbericht der Bundesregierung an das Parlament hervor.
Die restlichen sechs Prozent werden unter dem Titel "Unternehmenssubventionen“ geführt. Sie sind wegen der hohen Direktförderungen im Gesundheitswesen und an die ÖBB im internationalen Vergleich besonders hoch. In diesem Fall ist "besonders hoch“ wirklich "besonders hoch“, weil der vergleichbare Anteil in Deutschland bei nur zwei Prozent, in Frankreich bei 2,2 Prozent und EU-weit bei 2,3 Prozent liegt.
15,8 Milliarden wurden 2011, auf dieses Jahr bezieht sich der aktuelle Subventionsbericht, alleine vom Bund an direkten und indirekten Förderungen an die Wirtschaft vergeben. Vier Milliarden davon, der größte Brocken, sind dem Gesundheitswesen, insbesondere den Spitälern, zuzurechnen, drei Milliarden dem Verkehr und 1,8 Milliarden den ÖBB. Mit 700 Millionen nimmt sich da die so oft gescholtene Landwirtschaft fast als marginale Größe aus.
Dass sich daran ausgerechnet heuer etwas ändert, ist angesichts der Wahlen freilich unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist, dass Dörfler und sein "Unser Geld für unsere Leute“ kein abschreckendes Beispiel, sondern Vorbild ist.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 28. Februar 2013
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