Man kennt Reaktionen wie diese. Es gibt sie überall. Bei der
Produktion von Waffen etwa, die selbst im neutralen Österreich immer ein
wichtiger Wirtschaftszweig war, ist es nicht anders. Wie jetzt bei den Drohnen
aus der Alpenrepublik, die nun in Korea eingesetzt werden sollen. Zuerst
großes Lob für die High-Tech-Produkte, jetzt freilich beginnt man sich dafür zu
interessieren, was die Dinger anrichten können und will sie stoppen.
Bei Lebensmitteln ist das Muster nicht anders und auch nicht
bei zahllosen, ganz harmlosen Produkten des täglichen Lebens, wie der Jeans um
9,90 Euro oder dem Smartphone zum Nulltarif. Wer je bei Reportagen aus den
Jeansfabriken in Bangladesh oder aus den Hallen der Handy-Erzeuger in China
nicht weitergezappt ist, sondern hingeschaut hat, weiß, was gespielt wird. Die
Umstände, unter denen dort erzeugt wird, was wir so oft so schnell wegwerfen,
weil es nur wenig gekostet hat, sind zumeist nur erbärmlich und
menschenunwürdig zu nennen.
Die Welt neigt dazu, den Kopf in den Sand zu stecken.
Gleichwo, man tut möglichst lange so, als gäbe es keine Anlass zum Handeln, als
sei alles in Ordnung. Man findet allerlei Erklärungen, um Kritiker und sich
selbst zu beruhigen, man dreht und wälzt Argumente so lange, bis man sie selbst
glaubt, man lügt sich an und richtet sich die Fakten passend zurecht, man
schiebt Reaktionen hinaus und verschiebt sie und verschiebt sie.
Dass sich auch Politik so verhält, verwundert nicht. Gerade
die Politik in einem Land, das zuweilen erscheint, als sei es alleine aufs Kopf
in den Sand stecken und aufs Verschieben ausgerichtet. Im Vorfeld der Wahlen in
manchen Ländern und im Bund erleben wir, wie dem p.t. Wahlvolk genau das als
hohe Kunst vorgeführt wird. Da stellen sich in Salzburg die gleichen Politiker,
die in dem Land unfassbare Zustände in der Finanzverwaltung ermöglicht und
damit Milliardenschulden beschert haben, hin und erklären, sie wollen das Land
jetzt nicht im Stich lassen. Und da tut man in Wien so, als würde man heiße
Eisen anpacken und tut doch nichts anderes als nichts. Die Mieten sind als
Thema gerade aktuell. Viel Palaver, keine Folgen. Nächste Woche wird es etwas
anderes sein. Und übernächste Woche wieder etwas anderes.
Aber: Alles klingt gut und lenkt ab. Eben Politik, wie man
sie in Österreich versteht. Politik, die oft wider besseres Wissen gemacht
wird. Im Sozialbereich, bei den Förderungen, bei der Infrastruktur, bei den
Pensionen, bei der Bildung oder im Gesundheitswesen. Schulterzuckend und
Wählerstimmen fest im Auge.
Schulden werden an Schulden gehäuft. Allerorten versucht
man, zumal in Vorwahlzeiten, die Begehrlichkeiten zu befriedigen. Den
Schuldenbergen kann man beim Wachsen zuschauen. Und kaum jemand bremst.
"Geld ist genug da" ist neuerdings die Devise, die der
Gewerkschaftsbund formuliert hat. Es steht zu fürchten, dass sie als Freibrief
für eine von wenig Verantwortung und vor allem von wenig Sinn für Realität
getragene Politik zu verstehen ist. Der Kampfruf "Geld ist genug da",
heißt nichts anderes, als dass man den Kurs der vergangenen Jahre und
Jahrzehnte, dessen Kennzeichen nicht Nachhaltigkeit und sparsamer Umgang mit
dem Geld der Steuerzahler waren, ungebremst forstsetzen will. An Veränderungen,
strukturellen Anpassungen zumal, ist man offenbar nicht interessiert. Wäre wohl
auch zu kompliziert und könnte sich gar die eigene Klientel richten. "Geld
ist genug da" klingt wohl in vielen Wählerohren wie Musik. Und es sicher
einfachere Lösung.
So wie den Kopf in den Sand zu stecken. Das freilich, steht
zu befürchten, wird niemanden hindern, in ein paar Jahren, wenn auch dieses
Geld verbraucht ist, den Überraschten zu mimen. So wie man ihn jetzt angesichts
der Konten in den Steueroasen, der österreichischen Drohnen in Korea oder der
Reportagen aus den Industrie-Hinterhöfen der Welt mimt.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 11. April 2013
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