Donnerstag, 6. Juni 2013

Selbst ist die Hilfe



Die großen Autos der Feuerwehren, die Pumpen und anderes schweres Gerät und die Männer mit ihren großen Helmen mitten im Wasser, auf den vermurten Straßen, in den Kellern. Männer und Frauen in dreckverschmierten Gummistiefeln, die mit Schaufeln, Besen und Schläuchen gegen den Dreck ankämpfen, den die Flut hinterlässt, die versuchen Möbel in Sicherheit zu bringen und die nötigsten Habseligkeiten. Österreich hilft sich selbst in diesen Tagen. Tausende sind dabei. Freiwillig. Organisiert in Feuerwehren, in Hilfsorganisationen oder ganz spontan. Sie zeigen, dass das Land funktioniert, dass es die oft vermisste Solidarität doch gibt und das Engagement.

Die Bedeutung der freiwilligen Hilfsorganisationen ist in Österreich im Katastrophenschutz und auch im Sozialbereich groß, wie kaum sonst wo. Und das ist gut so. Das gibt Sicherheit und verteilt die Verantwortung. Nicht ein anonymer, entrückter und zuweilen nachgerade fremder Staat kümmert sich um die Dinge, sondern Gruppen, die sich aus eigenen Antrieb zusammengefunden haben, weil sie sehen, wie notwendig es ist, Aufgaben in ihrem unmittelbaren Umfeld zu erfüllen. Direkt bei den Menschen.

Gerade mit einer topographischen Struktur, wie Österreich sie hat, ist das nicht hoch genug einzuschätzen.

Vor allem abseits von Zentralräumen ist die Arbeit der Freiwilligen-Organisationen besonders wichtig. Ohne sie würde dort kaum etwas funktionieren - weder die Hilfe bei Unglücken oder gar Katastrophen noch bei der sozialen Versorgung. Die Arbeit der Freiwilligen ist dort lebensnotwendig für das Funktionieren des gesellschaftlichen Lebens und der Gemeinschaft.

Je ländlicher die Umgebung, desto häufiger kümmern sich in Österreich Freiwillige um die Dinge. In den kleinen Gemeinden im ländlichen Raum gibt es doppelt so viele ehrenamtlich und freiwillig Engagagierte wie in den großen Städten.

Das ist Bürgergesellschaft im besten Sinn des Wortes.

Das heißt nicht, dass sich der Staat aus der Verantwortung ziehen soll und darf. Ganz im Gegenteil. Seine Verantwortung ist es, dafür zur sorgen, dass die Organisationen alles haben, was sie für eine effiziente Arbeit brauchen. Und Verantwortung des Staates ist es auch, dieses Modell der Freiwilligkeit und eine Organisationen gegen Kritiker zu verteidigen, die sich zuweilen gerne über die Ausstattung der Feuerwehren mokieren, gerne die Gefahr von Lohndumping an die Wand malen und mit Bürokratie winken und doch nichts anderes wollen, als Initiativen zum eigenen Vorteil abzudrehen. Davon gibt es genug, auch wenn sie sich derzeit angesichts der Wassermassen wohlweislich ruhig verhalten.

Österreich hat ein gutes System, mit dem es sorgsam umgehen sollte. Die Politik sollte sich das viel öfter zum Vorbild nehmen. Die Österreicherinnen und Österreicher können etwas. Man kann ihnen durchaus etwas zutrauen. Sie zeigen das mit ihrem freiwilligen Engagement und was sie mit ihren Organisationen zu leisten im Stande sind. Dieses Potenzial sollte man nutzen.

Die Bevölkerung in diesem Land versteht in einem viel größeren Maß, als die Politik das zuweilen wahrhaben will, selbst zu leben und sich selbst zu organisieren. In der Politik aber neigt man viel eher dazu, den Menschen nichts zuzutrauen und sie zu bevormunden. Man will überall mitreden, man drängt sich allerorten ins Private. Man hat keine Scheu, bis tief hinein in den Alltag das Leben der Menschen zu reglementieren, sie mit Vorschriften zu quälen und damit jede Eigeninitiative zu verhindern, wenn nicht gar zu ersticken. Manche Partei sieht das, so der Eindruck, gar als ihre zentrale Aufgabe. Nicht nur die Sozialdemokraten, bei denen dieses Konzept Programm ist. Dabei täte dem Land nichts besser, als von dieser regelrechten Sucht alles und jedes zu beschränken, abzurücken.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 6. Juni 2013

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