"Ich warne davor, von warmen Eislutschern zu träumen, die Realität ist eine ganz andere", beschied der Landwirtschaftsminister kürzlich bei einer Versammlung im oberösterreichischen einem Landwirt, der Klage führte, dass die Hektarprämien für Rübenbauern auf unter 300 Euro fallen werden, obwohl sie bis 2020 eigentlich von 360 auf 448 Euro angehoben werden müssten, um die Inflation auszugleichen. Und zur Dame, die des Ministers Unterstützung bei der Beseitigung des Silvestermülls von den Feldern begehrte, meinte er trocken: "Solche Dinge sind in der Gemeinde zu regeln, wartet's nicht auf den EU-Kommissar oder den Bundesminister, da wird keiner kommen"
Diese Klarheit mag schmerzhaft und für viele unverständlich
sein. Aber sie tut gut. Kein billiges Herumgerede, keine Verständnis
heischende Jeierei, sondern sagen, was Sache ist.
In der Landwirtschaft tut man sich schwer damit. Noch immer.
In vielen Bauernstuben hockt nach wie vor die Realitätsverweigerung, weigert
man sich, die Änderungen auf den internationalen Märkten und die Verschiebung
der politischen Gewichte zur Kenntnis zu nehmen und neigt man dazu, sich
nachgerade in Depressionen hineinzureden, wenn es um die Zukunft geht. Immer
noch hängen viel zu viele, gleichsam wie Kinder an den Kitteln ihrer Mütter, an
den Politikern und fordern Hilfe, Unterstützung und Geld für alles und jedes.
Ganz so, als wären sie selbst unmündig und unfähig. Groß ist die Weigerung nach
wie vor, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Statt dessen beschwört man
allzu oft immer noch zu gerne dunkle Mächte, die nichts anders im Sinn hätten,
als den Bauern nach dem wirtschaftlichen Auskommen zu trachten.
Dabei wäre es nun nach Abschluss der Verhandlungen um die
Agrarreform, die die Diskussion in den vergangenen Jahren prägte, wieder an der
Zeit, nach vorne zu schauen. Bis 2020, ganze sechs Jahre lang, wissen die
Bauern einigermaßen genau, wie der Weg geht. Kein anderer Wirtschaftszweig hat
eine vergleichbare Planungssicherheit und kann sich in einem derartigen Ausmaß
auf öffentliche Hilfe verlassen.
Die Bauern sollte etwas daraus machen. Viele tun das längst.
Und das macht Mut. Die Stimmung in der österreichischen Landwirtschaft ist
nicht so schlecht, wie viele Bauern glauben, sie in der Öffentlichkeit immer
darstellen zu müssen. Immer mehr besinnen sich der eigenen Kräfte und
Möglichkeiten und versuchen daraus etwas zu machen. Sie sind viel mehr zu
unterstützen, als jene, die immer nur von den angeblich guten alten Zeiten
reden und deren Denken alleine von der Höhe der Prämien bestimmt ist. Das ist
die eigentliche Herausforderung einer Agrarpolitik, die das Ziel hat, eine
starke, lebensfähige und qualitätsorientierte Landwirtschaft in Österreich zu
erhalten. Dieser Herausforderung kommt man freilich nur zögerlich nach. Viel zu
oft ist man allerorten noch an den Jammerern orientiert.
Um nicht missverstanden zu werden: Es geht nicht darum, auf
die Vertretung der Interessen gegenüber der nicht-landwirtschaftlichen
Bevölkerung und auf die Wahrung von Ansprüche zu verzichten. Ganz im Gegenteil.
Das zu tun wird in den nächsten Jahre noch viel wichtiger. Aber es geht darum,
alte Zöpfe abzuschneiden, der Landwirtschaft in dem sich rasch ändernden
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gefüge einen Platz zu sichern, von dem
alle etwas haben.
Das Vorrechnen von Prämienverlusten in Zeiten explodierender
Budgetnöte hilft da genauso, wenig wie der kindliche Ruf nach Bemutterung durch
die Politik in jeder Lebenslage.
Gmeiner meint - Blick ins Land, 7. August 2014
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