Montag, 16. März 2015

Landwirte nutzen das Internet



„Smart Farming“ heißt der Trend in der Landwirtschaft. Hightech hat Ställe und Felder erobert und liefert jede Menge Daten. Das spart Kosten und schont Umwelt und Tiere.

Hans Gmeiner
Salzburg. In Schulbüchern sind zuweilen immer noch Bilder zu sehen, die vor Pflüge gespannte Pferde zeigen. Die Werbung für Lebensmittel ist bestimmt von romantisierenden Bildern vom Bauernleben längst vergangener Tage. Mit der Wirklichkeit auf den Höfen hat das kaum zu tun. Dort bestimmt längst moderne Technik die Arbeit in den Ställen und auf den Feldern. Automatische Fütterungsanlagen sind auch in Österreich längst Standard. Über Computer und sogar über Apps auf Handys werden Fütterung und Melkanlagen gesteuert. Und im Ackerbau sind GPS-Steuerungen, die Traktoren wie von Geisterhand übers Feld lenken können und die angehängten Geräte aus- und einschalten, die Verkaufsrenner.

„Smart Farming“ ist das neue Schlagwort. Dabei wird die Fülle der Daten, die die Elektronik liefert, zusammengeführt und in der agrarischen Produktion genutzt. Dabei geht es nicht nur um Leistungssteigerung und Kostenoptimierung. Erhöht wird auch die Produktsicherheit für Produzenten und Verbraucher. Zudem kann „Smart Farming“ beitragen, den Einsatz von Chemie und Medizin in der Landwirtschaft zu verringern. Denn statt auf Verdacht Mittel einzusetzen, können die Bauern dank der Datenverknüpfung wesentlich gezielter arbeiten.

„Weltweit geht auf diesem Gebiet die Post ab“, sagt der ehemalige Generalsekretär im Landwirtschaftsministerium Werner Wutscher, der heute Unternehmensgründer betreut. „Überall schießen Start-ups aus dem Boden, werden Plattformen gegründet, die Daten bündeln und den Agrarbetrieben Komplettpakete vom Anbau bis zur Bilanzierung bieten.“ Internationale Agrarkonzerne von Monsanto bis John Deere nutzen längst die neuen Möglichkeiten, die deutsche BayWa kaufte kürzlich einen Spezialisten für Landdaten. Und Banken wie die holländische Rabobank investieren Millionen in dieses Segment. Manche Länder, wie Israel, haben „Smart Farming“ sogar zu einem politischen Schwerpunkt gemacht.

„Smart Farming“ sei für die Landwirtschaft eine ähnliche Revolution wie seinerzeit der Umstieg von Pferd und Ochs als Zugtiere auf Traktoren und die damit einhergehende Mechanisierung, sagt Gottfried Pessl. Der steirische Unternehmer weiß, wovon er spricht. Seit 30 Jahren entwickelt sein Unternehmen Pessl Instruments aus Weiz Anlagen, die Bauern genaue Daten für Produktionsentscheidungen liefern. Weltweit bietet das Unternehmen mittlerweile die mit Sensoren gespickten Stationen nicht nur zur Wetter- und Bodenbeobachtung an. Die Geräte werden auch zur Kontrolle der Entwicklung von Pflanzenkrankheiten und des Schädlingsbefalls eingesetzt und liefern die Daten zur Steuerung komplexer Bewässerungssysteme. „Wir haben weltweit 35.000 Nutzer, für die wir maßgeschneiderte Empfehlungen erarbeiten“, sagt Pessl. „Wir bieten Risikominimierung.“

Das versucht auch Smaxtec. Das junge steirische Unternehmen hat eine Sonde zur Überwachung des Rinderpansens entwickelt und ist inzwischen in 30 Ländern weltweit vertreten. „Damit werden Körperdaten wie pH-Wert und Temperatur des Rindermagens überwacht“, sagt Mario Fallast. „Der Landwirt bekommt sofort einen Alarm, wenn irgendetwas an einem Tier auffällig ist, und kann rasch reagieren.“ Damit könne der Medikamenteneinsatz reduziert werden, weil Präventivbehandlungen vermieden werden können.

In Österreich steckt die Verknüpfung der Daten zu Smart-Farming-Konzepten und Web-Plattformen noch in den Kinderschuhen, vor allem, was die kleinen Betriebe angeht. Bis auf allgemein gehaltene und regional abgestimmte Wetter- und Pflanzenschutzwarndienste gibt es von Politik und Interessenvertretungen bisher kaum Initiativen.

Die fehlen aber auch bei der Direktvermarktung bäuerlicher Produkte. Zwar entstehen eine Reihe von Vertriebsplattformen im Internet, dahinter stehen aber fast nur nicht landwirtschaftliche Betreiber. Damit geben die Bauern diese Vertriebsschiene aus der Hand. Das kann sich noch ganz anders entwickeln. „Die junge Bauerngeneration springt auf den Internet-Zug voll auf“, sagt Gottfried Pessl, „auch in Österreich ist ein enormer Wandel im Gang.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 16. März 2015

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