Montag, 23. März 2015
Züchter fürchten nur Seuchen
Rinderzüchter reüssieren in Paris und weltweit – auch mit Sperma.
Hans Gmeiner
Linz. Schier endlos sind die Reihen der von der Decke hängenden Rinderschlachtkörper im „Pavillon des Viandes“ in der Fleischhalle auf dem Pariser Großmarkt Rungis, dem größten Lebensmittelgroßmarkt der Welt. Rasch haben Oberösterreichs Agrarlandesrat Max Hiegelsberger sowie Hans Hosner und Josef Miesenberger vom Fleckviehzuchtverband Innviertel-Hausruck (FIH) Dutzende Rinderhälften aus Österreich entdeckt. „Andrea Jahn, Tischberg, Sandl“ steht auf einem Etikett, das die Herkunft der Tiere im fernen Paris nachweist. Das macht die Oberösterreicher stolz. „Es ist ein Erfolg unserer konsequenten Qualitätsstrategie, dass wir mit unseren Produkten hierherkommen“, sagen sie. „Sonst hätten wir hier keine Chance.“
Nicht nur Haltung, Fütterung und Kontrolle machen die Qualität österreichischer Rinder aus. Sie beginnt bereits bei der Zucht und den Zielen, die dabei verfolgt werden. Der Schwerpunkt liegt bei den Zweinutzungsrindern, die sowohl bei Milch als auch bei Fleisch gute Leistung, hohe Qualität und so zweifachen Nutzen bringen.
Der Erfolg gibt den heimischen Züchtern recht. Die zuverlässigen Datensysteme, der Veterinärstatus und die Eigenschaften der Zuchttiere aus Österreich sind weltweit geschätzt. Probleme mit dem Schmallenberg-Virus beendeten 2013 zwar den Höhenflug früherer Jahre, der befürchtete Absturz blieb aber aus. Seit 2014 steigen die Ausfuhren monatlich an. Die Exporte erreichten im Vorjahr wieder 25.000 Stück, der Exportumsatz rund 50 Mill. Euro. Seit Jahresbeginn ziehen auch die Preise wieder an. „Die Aussichten sind wieder sehr gut“, sagt Franz Sturmlechner von der Arbeitsgemeinschaft österreichischer Rinderzüchter, dem Dachverband der acht heimischen Zuchtverbände. Die nach Italien wichtigsten Exportländer Türkei und Algerien sind für heimische Zuchtrinder wieder offen. Auch nach Russland liefert man wieder.
Belebend aufs Geschäft der Rinderzüchter wirkt sich auch die bevorstehende Liberalisierung des Milchmarkts aus. „Viele Bauern stocken ihre Betriebe auf und kaufen Kühe zu“, sagt Miesenberger. Gefragt ist aber auch das Sperma der heimischen Zuchtstiere. Rund 200.000 Spermaportionen, die in den vier Zuchtstationen gewonnen werden, gehen jährlich ins Ausland.
Die Rinderzüchter wissen aber, dass der Grat schmal ist, auf dem sie sich bewegen. Derzeit haben sie alle Hände voll zu tun, ein Herpes-Virus unter Kontrolle zu bringen. Sorgen macht auch die Ausbreitung der Blauzungenkrankheit in Ungarn. Zwischenfälle könnten schnell alle Erwartungen zerstören.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 23. März 2015
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