Freitag, 1. April 2016

Keine Position ist auch eine Position - eine inakzeptable



Die Bauern hierzulande haben es nicht leicht. Nicht mit der Gesellschaft und auch nicht mit ihrer Vertretung. Mit letzterer nicht so sehr, wenn es um publicityträchtige Auftritte geht und um allerlei Ankündigungen und Versprechen, sondern viel mehr, wenn es um die konkrete Vertretung ihrer Interessen und Anliegen geht. Da wird oft schnell klar, warum die Bauern mit ihrer Vertretung hadern. Nachgerade bilderbuchmäßig zeigt das die Diskussion rund um das mögliche Verbot von Glyphosat.

Dass Minister Rupprechter nicht explizit für Glyphosat auf die die Barrikaden geht, ist nach dem Wirbel rund um die Neonics und die Bienen, die seinem Vorgänger letztendlich das Amt kosteten, verständlich. Er verlasse sich auf das Urteil der Experten, sagt der Tiroler schlau im Wissen, dass die Ages für eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffes ist, und er sehe keinen Grund per Weisung einzugreifen.

Betroffene könnten sich anderes wünschen, aber für einen Minister, der erklärtermaßen normalerweise im Zweifelfall für den Regenwurm entscheidet, ist das durchaus akzeptabel. Schließlich ist es ist nicht seine primäre Aufgabe nur die Interessen der Bauern zu vertreten, sondern sie auch mit den Ansprüchen der Gesellschaft in Einklang zu bringen.

Ganz und gar nicht akzeptabel ist diese Haltung aber für eine Interessensvertretung wie die Landwirtschaftskammer Österreich, die ausschließlich den Interessen der Bauern verpflichtet ist. Aber auch dort verschanzt man sich hinter der Wissenschaft und lässt die Glyphosat-Dinge lieber treiben, als Flagge zu zeigen. Das schon gar nicht. Nicht im entferntesten. Und richtiggehend erschreckend wird es, wenn ein Sprecher in Medien sagt "Wir haben keine Position dazu, wir werden ja gar nicht gefragt".  

"Keine Position" zu einem Thema, das wie kaum ein anderes landwirtschaftliches Thema in der Öffentlichkeit diskutiert wird und dessen Zukunft für tausende Bauern von besonderer Bedeutung ist? Geht's noch? möchte man fragen. Versteht man in der Landwirtschaftkammer bäuerliche Interessenvertretung wirklich so? Hat man sich aufgeben, oder ist es nur die Feigheit, in einem heiklen Thema in der Öffentlichkeit Position zu beziehen?

Es steht zu befürchten, dass es von allem etwas ist. Nicht ohne Grund hat die Landwirtschaft gerade in den vergangenen Jahren stark an Gewicht und Gehör in der Gesellschaft verloren. Hinsichtl und Rücksichtl bestimmen allzu oft die Politik. Man will sich's mit niemandem verscherzen und man gefällt sich in der Rolle des Guten, aber Unverstandenen und des Opfers. Und damit hat sich's - am besten gar keine Position halt.

Neue Ideen? Neue Wege? Erfolge gar? Mit Ausnahme des Schutzes der Ursprungsbezeichnung für die Pöllauer Hirschbirne - Fehlanzeige. Seit Jahr und Tag werden selbstzufrieden, bäuerlicher Folklore gleich, die selben Themen getrommelt, ohne auch nur den geringsten Fortschritt zu erzielen. Ja, der Anteil der Bauern an den Lebensmittelpreisen ist zu gering, ja, der Handel verschleudert beste Fleischwaren billiger als Katzenfutter, ja, Österreichs Bauern haben in manchen Produktionssparten strengere Auflagen als ihre internationale Konkurrenz. Ja, ja, und nochmals ja. Alle wissen das. Seit Jahren. Doch hat es irgendwelche Konsequenzen gegeben? Und: Warum nicht?

Längst müsste sich die Interessenvertretung der Bauern  - und auch alle anderen, die sich Bauernvertreter nennen - diesen Fragen stellen und neue Strategien suchen.

Aber gut möglich, dass sie dazu keine Position hat.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 1. April 2016

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