Es war das, was wohl als
nichts, denn als ein agrarpolitischer Super-Gau zu bezeichnen ist. "Wir
reden sicher in der Größenordnung von 100 Millionen Euro, die da notwendig sind
für Österreich", tönte Österreichs Landwirtschaftsminister nach einem
Gespräch mit dem EU-Agrarkommissar vor dem EU-Milchgipfel im vergangenen
September. "Der Kommissar war sehr offen unseren Vorstellungen
gegenüber". Zwei Wochen später war gewiss, dass es nicht einmal die Hälfte
der 100 Millionen als Hilfe für die heimischen Milchbauern gibt, sondern nur
sieben Millionen. Und seit Ende März ist klar, wie wenig das wirklich ist.
Nicht viel mehr als 100
Euro bekommt bei uns ein durchschnittlicher Milchbauer mit 18 Kühen und 100.000
Kilogramm Jahreslieferung, dem im vergangenen Jahr ein Viertel der Einnahmen,
rund 10.000 Euro, wegen des Preisverfalls weggebrochen sind. 54 Euro
Basisprämie je Milcherzeuger, dazu pro Kuh rund 3,30 Euro.
Es ist bisher die
einzige Hilfsmaßnahme, die unmittelbar bei den Milchbauern angekommen ist. Dass
es nicht mehr ist, ist nicht die Schuld des Landwirtschaftsministers. Die
EU-Vorschriften ließen es nicht anders zu. Was freilich verwundert ist, dass
just er, der wie kein heimischer Agrarpolitiker die EU von innen kennt und
wissen müsste, was möglich ist und was nicht, die Möglichkeiten so falsch
einschätzte. Denn möglich ist offenbar nicht viel. Es gab viele Initiativen,
darunter auch welche, die von Rupprechter kamen oder bei denen er dabei war.
Aber es gab kein Durchkommen. Die finanzielle Situation der Gemeinschaft ist
angespannt, die agrarpolitischen Interessen der Länder driften immer weiter
auseinander und an der Schaltstelle sitzt ein Kommissar, dessen Verständnis für
Bedürfnisse der Bauern in Österreich sehr überschaubar ist.
Das alles macht eine
wirksame Hilfe gegen die Krise auf den Agrarmärkten, die ja auch die Schweine-
und die Ackerbauern in ähnlicher Wucht trifft, so schwierig. Rupprechter hat es
schwer in diesem Umfeld, das sei konzediert. Mehr politisches Gewicht in der
Europäischen Agrarpolitik hätte man ihm aber als früherem Spitzenbeamten in
Brüssel freilich zugetraut.
Viele Beobachter sehen
inzwischen die EU insgesamt bedroht. Die Lage ist angespannt wie noch nie und
wohl auch die Gefahr, dass die Union auseinanderbricht, wie das von immer mehr,
auch Landwirten, nachgerade herbeigesehnt wird. Davor sei freilich eindringlich
gewarnt, auch wenn man mit der europäischen Agrarpolitik alles andere als zufrieden
sein kann. Österreich hätte vom Ende des gemeinsamen Marktes und der
gemeinsamen Agrarpolitik wohl viel mehr Nachteile zu befürchten, als es
Vorteile gäbe. Ganz besonders gälte das für die Milchbauern, die derzeit so
sauer sind auf die EU. Sie produzieren um rund 50 Prozent mehr, als in
Österreich gebraucht wird und sind daher wie kein anderer Agrarzweig auf
Exporte angewiesen.
Auch wenn es derzeit
finster ausschaut, bei Licht betrachtet gibt es keine Alternative zur EU. Auch
für die Bauern. Realitätssinn ist von ihnen genauso gefordert, wie von Agrarpolitikern
mit oft großspurigen Ankündigungen und bei den
Bauern bei ihrer Position auf den Märkten. Sonst droht der nächste Super-Gau.
Gmeiner meint - Blick ins Land Mai 2016, 4. Mai 2016
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