Freitag, 2. Dezember 2016

"Mit einer vollen Hose ist gut stinken"



In Österreich gibt es eine besondere Form der industriellen Landwirtschaft. Sie hat freilich nichts mit dem zu tun, wie man industrielle Landwirtschaft gemeinhin versteht. Hauptkennzeichen der österreichischen Variante ist, dass sie von landwirtschaftsfremden Industriellen und Wirtschaftskapitänen betrieben wird. Die eingesessenen Bauern ärgert das zunehmend.

In den vergangenen Jahren sorgten die branchenfremden Agrar-Investoren aus der Wirtschaft oft für Verärgerung, weil sie Grundstückspreise in für normale Bauern unerschwingliche Höhen trieben, um ihre Träume zu erfüllen. Genossen die Ihren Besitz möglichst diskret und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, so sind es nun immer öfter Investoren, die meinen, sie müssten der Öffentlichkeit und der eingesessenen Landwirtschaft zeigen, wie man es macht und wie es geht. Über eine perfekte Marketing-Maschinerie präsentieren und inszenieren sie sich in oft missionarischem Eifer als Vorzeigebauern, die alles besser wissen und machen und die damit die eingesessene Bauernschaft oft als nichts denn dumm und unfähig aussehen lassen.

"Mit einer vollen Hose ist gut stinken", heißt es am Land gerne in solchen Fällen.

 Die Familie Dichand macht das seit langem mit dem Csardahof im Burgenland, bei dem nach wie vor ein gewisser Werner Lampert als Geschäftsführer im Firmenbuch steht. Im oberösterreichischen fühlt sich ein Großfleischhauer aus dem Alpenvorland seit einiger Zeit berufen, den Bauern auf seinem "Musterhof" , einem riesigen und teuer renovierten Vierkanter, zu zeigen, wie "Hofkultur" geht. "Artgerecht Haltung ist uns nicht genug", heißt es werbewirksam auf der Homepage und "Wir geben jedem Tier deutlich mehr Zeit zum Heranwachsen". In stylischen Bildern wird vom Metzgersohn und seiner Freundin eine Landwirtschaft gezeigt, die sich nur leisten kann, wer einige Millionen auf der Seite hat. Das ist zwar durchaus beeindruckend, dass sie auf Kosten der Bauern Image machen, ficht sie wohl nicht an.

Auch eine Salzburger  Brauerei hat die Landwirtschaft als Image-Vehikel entdeckt, sich im Innviertel ein Gut zugelegt und macht in Bio. "Durch diese Form der Landwirtschaft können sich die Böden erholen und die Humusschicht wieder aufgebaut werden", lässt man in ganzseitigen Zeitungs-Inseraten wissen, ganz so, als ob anderen Bauern das nicht auch ein Anliegen wäre.

Die normalen Bauern in diesem Land, die keine Millionen auf der Seite haben, die mit der Agrarpolitik und Preisen hadern, mit der Allmacht des Handels und mit all den Vorschriften und Auflagen, die für sie oft nicht denn Qual sind, stößt das zunehmend sauer auf. Da wird auf ihre Kosten der breiten Öffentlichkeit vorgegaukelt, was in der Realität, zumal in jener eine durchschnittlichen österreichischen Landwirts, nicht umsetzbar ist. Da ist kein Wunder, dass für sie in der Öffentlichkeit der Rechtfertigungsdruck immer größer wird.

Da ist den Bauern die Schadenfreude nicht zu verargen, wenn einer dieser selbsternannten Millionenschweren Superbauern einen Super-Flop hinlegt. Geschehen kürzlich im Mühlviertel, wo ein Bauindustrieller um dem Vernehmen nach mehr als zehn Millionen Euro einen Musterhof hinstellte der alle Stückerl spielt. Er haute ganz groß auf die Pauke. "Ethisch ist das neue Bio", tönte er.

Jetzt ist legte sein Bauunternehmen die größte Pleite des Jahres in Oberösterreich hin. Schuld könnten, vermuten manche, die Millionen-Kosten für den Bauernhof sein.
 
Gmeiner meint - Blick ins Land, 2. Dezember 2016

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