Dienstag, 20. Juni 2017

Auf den Höfen keimt wieder Hoffnung



Die Bauern freuen sich über teils kräftige Preiserhöhungen für ihre wichtigsten Produkte. Ob das die lang ersehnte Wende ist, ist freilich offen. Klar ist nur, dass der Druck in der Landwirtschaft jedenfalls groß bleibt.

Lange kamen aus der Landwirtschaft nur negative Meldungen. Die Einkommen kannten vier Jahre hintereinander nur eine Tendenz – abwärts. Nun scheinen die Bauern das Schlimmste hinter sich zu haben. Die Preise in wichtigen Produktionsbereichen ziehen seit Monaten an. Schon im Vorjahr zeichnete sich die Wende ab. Es gab keinen weiteren Rückgang der Einkommen, heuer setzt sich dieser Trend fort. Seither häufen sich Meldungen über eine Verbesserung der Stimmung auf den heimischen Höfen.

Laut einer Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstituts Market rechnen in Oberösterreich derzeit 65 Prozent der Bauern damit, dass sich die Entwicklung der Landwirtschaft in der nächsten Zeit verbessert oder zumindest gleich bleibt. In den übrigen Bundesländern ist es kaum anders. Im Österreich-Durchschnitt liegt der vergleichbare Wert bei 57 Prozent.

Am meisten dürfen sich die Schweinebauern über Preiserhöhungen freuen. Die Preise bei Mastschweinen liegen um 26 Prozent höher als vor einem Jahr. Bei Ferkeln beträgt der Zuwachs sogar 32 Prozent. „Für ein Mastschwein mit etwas mehr als 100 Kilogramm bekommt ein Bauer heute 200 Euro, es gab aber auch schon Zeiten, in denen es nur 120 Euro dafür gab“, sagt Hans Schlederer, Geschäftsführer der österreichischen Schweinebörse, über die ein Großteil der heimischen Schweinemäster die Tiere vermarktet.

Wegen der niedrigen Preise in den vergangenen Jahren schränkten die Bauern nicht nur in Österreich die Produktion ein. Dazu kam, dass wichtige asiatische Länder wie China, Südkorea, Japan und Taiwan heute doppelt so viel Schweinefleisch kaufen wie noch vor zwei Jahren und damit den internationalen Markt entlasten. Weil diese Länder vor allem an den in Europa eher als minderwertig angesehenen Stücken interessiert sind, ist auch die Lücke, die Russland vor zwei Jahren mit dem Einfuhrstopp hinterließ, wieder gestopft. Das Geschäft brummt. Und das soll sich so schnell nicht ändern, hofft man in der Schweinebranche.

Auch bei den Milchbauern hat sich das Blatt gewendet. Erst mit Anfang Juni hoben Molkereien wie die Berglandmilch, die SalzburgMilch und die NÖM die Preise für die Bauern wieder an. „Der Bruttopreis liegt inzwischen wieder bei 39 bis 40 Cent je Kilogramm“, sagt Hans Költringer vom Verband der Milchverarbeiter. Für Spitzenqualitäten wie die Goldstandard-Milch zahlt die SalzburgMilch sogar 58 Cent.

Im Schnitt erlösen die österreichischen Bauern für die von ihnen angelieferte Milch um gut zwölf Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Im EU-Durchschnitt beträgt der Anstieg sogar 17 Prozent. „Bei uns war aber auch der Rückgang nicht so stark wie in anderen EU-Ländern“, erklärt Költringer den Unterschied. Er geht davon aus, dass sich der Milchpreis für die Bauern auch heuer stabil entwickelt.

Einzig die Ackerbauern haben von der Wende auf den Agrarmärkten einstweilen noch nichts zu spüren bekommen. Nach einer Reihe von internationalen Rekordernten sind weltweit die Lager mit Weizen und Mais voll. Obwohl in den vergangenen Tagen die Preise an den Warenterminbörsen kräftig anzogen, sind die Erwartungen gedämpft. Statt auf Weizen und Mais setzt man verstärkt auf Soja, weil dort die Preise attraktiver sind. Die Fläche, auf der die Öl- und Eiweißfrucht angebaut wird, ist heuer mit 64.000 Hektar um 30 Prozent größer als im vergangenen Jahr.

Die Preiserhöhungen der vergangenen Monate dürfen freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bauern nach wie vor unter großem Druck stehen. Die Preiszuwächse, über die sie sich jetzt freuen dürfen, gehen zum Teil von einem sehr niedrigen Niveau aus. Ob die Zuwächse ausreichen und die Situation bereits wieder so stabil ist, dass die Landwirte wieder Vertrauen in die Zukunft fassen, ist daher angesichts der Erfahrungen der vergangenen Jahre wohl eher zu bezweifeln.

Im Klartext heißt das: Der Strukturwandel bleibt auf den Höfen genauso ein großes Thema wie der wirtschaftliche Anpassungsdruck, dem die Bauern ausgesetzt sind. Dazu kommt der gesellschaftliche Druck, der immer öfter zur Belastung wird. In Österreich etwa einen Schweinestall zu bauen gleicht mittlerweile einem Spießrutenlauf. „Selbst wenn alle Auflagen berücksichtigt sind, scheut man sich, Projekte zu genehmigen“, klagt etwa Hans Stinglmayr von den oberösterreichischen Schweinezüchtern über das Verhalten der Behörden.

Nicht nur die Schweinebauern, sondern die Bauern insgesamt leiden unter dem immer öfter fehlenden Verständnis für ihre Arbeit. Oft noch mehr als unter schlechten Preisen.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 20. Juni 2017

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