
Viel war die Rede von mehr Wertschätzung für die Bauern, als das Coronavirus die Welt in den Griff nahm. Und auch von mehr Verständnis für die bäuerliche Arbeit und die Bedürfnisse der Landwirtschaft. Die Selbstversorgung und die Versorgungssicherheit waren mit einem Mal große Themen. Und auch die schlechten Preise für die bäuerlichen Produkte.
Hoffnung keimte da mit einem Mal auf vielen Höfen, dass der
Landwirtschaft endlich wieder jene Bedeutung zugestanden wird, die man sich
angesichts des ständigen Drucks und der oft unsäglichen Diskussionen und
Angriffe so sehnlich wünscht. Dass die Arbeit anerkannt und nicht nur daran
herumgemäkelt wird. Dass es mit der Geringschätzung endlich vorbei ist und mit
dem ständigen Rechtfertigungsdruck auch. Und natürlich auch mit den niedrigen
Preisen.
Inzwischen scheint all das dabei zu sein, sich wieder in
Luft aufzulösen. Die Gunst der Stunde, als die Corona von vielen empfunden
wurde, konnte bisher nicht wirklich genutzt werden. Längst macht sich wieder
die alte Normalität breit. Die Preise sind nach wie vor im Keller, obwohl alle
von Regionalität reden und vorgeben, beim Einkaufen mehr auf die Herkunft zu
schauen. Der Handel quält die Bauern wie eh und je mit Billigimporten von
Butter und Milchprodukten, von Spargel und anderem Gemüse und auch mit
Billigkalbfleisch aus Holland oder Steaks aus Südamerika. Die
Glyphosatdiskussion ist mit einem Mal wieder da. Und die EU sorgt mit ihren
Plänen bis 2030 den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln halbieren zu wollen, die
Verwendung von Dünger um 20 Prozent zu reduzieren und zehn Prozent der
landwirtschaftlichen Fläche stillzulegen für Verunsicherung.
Stärkung der Landwirtschaft und Rückhalt für die Bauern
schaut anders aus. Und auch der Ausbau der Versorgungssicherheit und der Unabhängigkeit
von Importen. Längst meinen wieder alle mitreden zu können und zu müssen wie
sich die Landwirtschaft entwickeln respektive nicht entwickeln sollen. Der
Europäische Rechnungshof, der kritisiert, dass die EU-Agrarpolitik zu wenig zum
Erhalt der Artenvielfalt beiträgt, genauso wie die Landwirtschaftssprecherin
der SPÖ, die sich eine Koppelung der Agrarförderung an eine „sofortige und
massive Reduzierung von Pestiziden“ fordert. Und die Landwirtschaft tut sich
schwer wie eh und je Gehör zu finden.
Nicht besser macht es für die Bauern, dass Zeiten wie diese,
zumal, dann wenn es noch dazu auch um eine EU-Agrarreform geht, auch innerhalb
der Landwirtschaft Populisten aller Art wieder nach oben spülen. Mit plakativen
Forderungen wie Erlassung der SV-Beiträge, der Einführung von Preislimits, ein
3,6 Milliarden-Investitionsprogramm für die Landwirtschaft oder dem schrulligen
Wunsch nach „Kurzarbeitergeld für Kühe“. Das ist bestenfalls Provokation, fern
jeder Realität, mehr aber auch nicht.
Damit wird man die Gunst der Stunde, wenn denn die
vergangenen Wochen so eine gewesen sein sollte, nicht nutzen können.
Wie das doch noch gelingen könnte, muss freilich auch die
offizielle Agrarpolitik erst noch zeigen. Auch wenn man vieles versucht und auf
den Weg zu gebracht hat, sind freilich Zweifel nach all dem was bisher zu sehen
war, nicht unangebracht.
Gmeiner meint - Blick ins Land 6/Juni 2010
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