Montag, 8. Juni 2020

Preise für die Bauern bleiben gedrückt



In den Brieftaschen der Landwirte ist vom Trend zu regionalen Produkten wenig zu spüren. Nur Biobauern kamen ohne Preiseinbrüche davon.

Hans Gmeiner 


Salzburg. Konsumenten tun es, Politiker tun es und auch die Handelsketten tun es. Wer auf sich hält, behauptet in diesen Wochen, beim Lebensmitteleinkauf und beim Angebot mehr auf Regionalität und Produkte österreichischer Herkunft zu achten als bisher. Die Verkaufszahlen scheinen das in manchen Bereichen tatsächlich zu bestätigen. Nicht nur die bäuerlichen Direktvermarkter und die Biobetriebe, auch der Handel berichtet von guten Absatzzahlen für heimische Produkte. Das heißt freilich nicht, dass die Bauern wirklich davon profitieren. Denn in ihren Brieftaschen ist davon bisher nichts angekommen. Die Preise, die die Landwirte für ihre Produkte erhalten, sind bei Rindern seit Beginn der Coronakrise in den Keller gerasselt. Bei Schweinen sind sie um gut ein Viertel eingebrochen. Bei Milch stemmt man sich mit Lieferbeschränkungen und Aktionen bisher gegen einen Rückgang der Bauernpreise. Und bei Getreide sind die Märkte gedrückt wie eh und je. Einzig die Biobauern sind bisher einigermaßen ungeschoren davongekommen. Aber höhere Preise für die Bauern gab es auch dort nicht.

„Die Entwicklung der Preise, die den Bauern gezahlt werden, hält mit den Versprechungen nicht mit“, sagt Johann Schlederer, der als Chef der Schweinebörse jede Woche mit den Abnehmern die Preise für die Bauern verhandelt. „Dabei würde es durchaus bis zu den Bauernpreisen durchschlagen, wenn all das Wirklichkeit würde, was man verspricht“, meint Schlederers Kollege Werner Habermann von der Österreichischen Rinderbörse.

„Preismacher ist die Lebensmittelindustrie“, sagt Schlederer. Und dort sei man allenfalls bereit, für österreichische Ware kleine Zuschläge zu zahlen. „Referenzmarkt für die Rohstoffeinkäufer aber ist der deutsche Markt.“ Und dort gingen mit Ausbruch der Coronakrise und dem Wegfall des chinesischen Markts schon ab Jahresbeginn die Preise etwa für Schweinefleisch nach unten. Nach Ostern kam der Preisrutsch auch bei den heimischen Schweinebauern an. Statt knapp zwei Euro pro Kilogramm bekommen derzeit die Bauern nur zwischen 1,50 und 1,60 Euro. So viel wie vor einem Jahr auch.

Ähnlich schlimm getroffen hat es die Rinderbauern. Die Preise dort rutschten um bis zu 30 Prozent ab. Bei Häuten, wichtige Nebeneinnahme in der Branche, fielen die Preise gar von 90 auf 20 Euro pro Stück. Immerhin zeichnet sich eine Wende ab. Weil McDonald’s, wichtigster Abnehmer heimischen Rindfleischs, wieder offen hat, haben zumindest die Kuhpreise wieder um fünf Prozent auf zwei Euro je Kilo zugelegt. Mehr war für die Rinderbauern vom Trend zu Regionalität noch nicht zu spüren. Im Gegenteil. Sie ärgern sich über Billigangebote von holländischem Kalbfleisch und Karreerosen aus Deutschland in C+C-Märkten, in denen vor allem die Gastronomie einkauft.

Auch die Milchbauern sind sauer. Manche Handelskette, die ihnen in Flugblättern die Treue schwört, macht ihnen gleichzeitig mit Billigbutter, Käse und anderen Milchprodukten aus Irland und Deutschland das Leben schwer. Noch kamen sie ohne größere Preissenkungen durch die Krise, von einem Regionalitätsbonus aber keine Spur. „Über kurz oder lang muss sich aber das Bekenntnis zur Regionalität auch in der Preispolitik niederschlagen“, sagt Michael Wöckinger von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich.

Selbst die Biobauern tun sich schwer, vom Trend, in dem in Umfragen die Rede ist, zu profitieren. „Wir sind im Wesentlichen bisher ohne Absatz- und Preiseinbrüche durchgekommen“, sagt Hermann Mittermayr, Marketingchef bei Bio Austria. Preiszuwächse für die Bauern gab es aber auch dort nicht. Und bei Getreide ist man nach dem Markteinbruch im Vorjahr froh, dass heuer zumindest kein weiterer Druck nach unten zu erwarten ist.

Auf eine Prognose für die heurige Ernte will sich Mittermayr dennoch nicht einlassen. „Zu heikel und gefährlich“, sagt er.


Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 8. Juni 2020

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