Dienstag, 16. August 2022

Lieber mit dem eigenen Gas

Berglandmilch geht seit Jahren eigene Wege in Sachen Nachhaltigkeit. Nur logisch, dass man jetzt auf Biogas und Hackschnitzel setzt.

Hans Gmeiner

Aschbach. Ende Juli lud Berglandmilch, Österreichs größter Milchverarbeiter, zur Präsentation der neuen Abwasserreinigungsanlage ins Werk im niederösterreichischen Aschbach, wo 15 Prozent der heimischen Milch verarbeitet werden. Es ist nur ein erster Schritt, dem schon bald der zweite folgen soll. Aus den bei der Wasserreinigung anfallenden Feststoffen soll schon bald in einer Biogasanlage Gas erzeugt werden, das die Molkerei unabhängig von Gasimporten machen soll. „Die Abwasseranlage läuft seit mehr als einem Monat“, sagt Berglandmilch-Chef Josef Braunshofer. „Noch im August wird mit der Befüllung des Fermenters der Biogasanlage gestartet, Mitte bis Ende September soll die Anlage das erste Gas liefern.“

Der nächste Schritt soll noch im Spätherbst folgen. „Die Aufträge für eine Hackschnitzelanlage sind bereits vergeben, im November wollen wir mit dem Bau beginnen, wenn mit den Behörden alles glattläuft“, sagt Braunshofer. „Man weiß ja nicht, was Russland noch alles einfällt.“

60 Prozent des Energiebedarfs entfielen bei Berglandmilch in Aschbach bisher auf Gas und 40 Prozent auf Öl. Sind alle Pläne umgesetzt, werden im größten Milchwerk Österreichs Biogas 30 Prozent und Hackschnitzel 60 Prozent des Energiebedarfs decken. Die restlichen zehn Prozent sollen weiterhin aus Gas kommen.

Wie kaum eine andere Branche waren die heimischen Milchverarbeiter bisher von importiertem Gas abhängig. „Gas heißt in unserer Branche Dampf, heißer Dampf“, sagt Braunshofer. Und davon braucht man in der Milchverarbeitung viel. Wegen der aktuellen Lage sind alle Milchverarbeiter bemüht, von Gas wegzukommen. Die meisten setzen auf Öl. Manche greifen aber zu allen Mitteln, erzählt man sich in der Branche. In Bayern setzt eine Molkerei dem Vernehmen nach inzwischen sogar Milchwagen zum Transport von Heizöl ein – in Firmenfarben und mit großen „Energy-Shuttle“-Aufklebern drauf.

„Berglandmilch geht einen anderen Weg als andere Molkereien“, sagt Braunshofer. Und das nicht erst seit der aktuellen Krise. Schon vor zehn Jahren wurde im Werk Wörgl der Tochtergesellschaft Tirolmilch ein Biomasse-Heizkraftwerk in Betrieb genommen. Wärmerückgewinnungsanlagen sind in allen Berglandmilch-Werken selbstverständlich, bei Landfrisch in Wels wird ein Teil des benötigten Stroms aus Biogas erzeugt und auf den Gebäuden des Unternehmens sind insgesamt 21.000 Quadratmeter Photovoltaikpaneele installiert. „Damit decken wir fünf Prozent unseres Strombedarfs“, sagt Braunshofer. Ein Zurück zu fossilen Alternativen, zu Erdgas soll es nicht geben. „Unsere großen Molkereistandorte werden daher binnen Jahresfrist auf Biomasse- und Biogasbetrieb umgestellt sein.“ Nach Aschbach das größte Projekt ist dabei ein Hackschnitzelwerk am Standort Feldkirchen bei Mattighofen. Wenn nichts dazwischenkommt, soll noch heuer mit der Errichtung begonnen werden.

Der Kurs, den Berglandmilch in der Energieversorgung steuert, fügt sich nahtlos in die Linie, die Braunshofer mit dem Unternehmen schon vor mehr als zehn Jahren eingeschlagen hat. „Wir möchten den Weg einer nachhaltigen Milchverarbeitung konsequent weitergehen“, sagt er. Und der deckt nach seinem Verständnis weit mehr ab als die Energieversorgung.

„Beim Kauf unserer Produkte sollen die Konsumentinnen und Konsumenten kein schlechtes Gewissen haben müssen“, ist für Braunshofer die oberste Maxime seiner Strategie. Die beginnt bei den Bauern, geht über eine möglichst geringe CO2-Belastung beim Energieeinsatz in der Verarbeitung und reicht bis hin zur Auslieferung von Milch und Joghurt in Mehrwegglasflaschen, bei denen Berglandmilch Pionier ist und mittlerweile drei Anlagen in Betrieb hat.

Berglandmilch war schon vor zehn Jahren dabei, als in der Milchproduktion auf gentechnikfreies Futter umgestellt wurde. „Dann gingen wir mit dem Verzicht auf Futtermittel aus Übersee voran, bei dem uns andere Molkereien folgten.“ Der Verzicht auf die Verwendung von Glyphosat auf den Feldern von Berglandmilch-Lieferanten gehört ebenso dazu wie der Verzicht auf Milchaustauscher in der Kälberaufzucht. „Jetzt gehen wir beim Ende der Anbindehaltung mit der AMA im Gleichschritt und zahlen unseren Bauern einen Tierwohlbonus, wenn sie einen Laufstall oder gar einen Laufstall mit Auslauf bauen“, sagt der Berglandmilch-Chef.

Schrittmacher ist Berglandmilch auch beim Senken des Methanausstoßes von Kühen, der als große Gefahr für die Umwelt gilt. „Wir empfehlen unseren Bauern wärmstens den Einsatz von Agolin, das den Methanausstoß um zehn bis fünfzehn Prozent reduzieren kann, aber auch die Leistung der Kühe erhöht.“

Einfach ist der Weg nicht, den Braunshofer mit seinem Unternehmen und den Bauern geht. „Oft ist es ein Bohren in harten Brettern, aber wir müssen von den Konsumenten her denken und können nicht sagen: Das müsst ihr jetzt essen und seid froh, dass ihr etwas habt.“ Diese Zeiten seien vorbei. „Aber unsere Linie wird belohnt und daher bleiben wir ihr treu.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 16. August 2022

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