Die Plakattafeln und Inserate von „Burger King“, auf denen links und rechts je ein Burger zu sehen ist, sind breit und grün. Die Frage, die dazwischen gestellt wird, muss in der Landwirtschaft die Alarmsirenen auslösen. “Normal, oder mit Fleisch?“ heißt es da. Und: „Bei uns ist Fleisch keine Selbstverständlichkeit mehr“. Erstmals wird damit in der Werbung Fleisch als „nicht normal“ punziert. So weit ging bisher noch kein Anbieter. Es ist eine Zäsur.
Auch wenn angesichts einer solchen Werbung vielen Bauern die
Zornesröte ins Gesichts steigen mag – sie ist die Speerspitze eines Trends, dem
sich die Landwirtschaft nicht mehr länger verschließen darf. Fleisch ist in
immer breiteren Kreisen „keine Selbstverständlichkeit mehr“. Die Forderung nach
besserer Kennzeichnung oder sofortiger Einführung eines Bezeichnungsschutzes
für Fleisch mögen verständlich sein, als Strategie mit diesem Megatrend zu
Ersatzprodukten, der auch die Milchbauern empört, damit zurechtzukommen greifen
sie wohl viel zu kurz.
Auch wenn es sich freilich in die Gewohnheit der
Landwirtschaft fügt, sich in denen eigenen Sack zu lügen, so als könnte man auf
diese Weise unangenehme Trends und Entwicklungen stoppen. Jüngst lieferte
selbst neue Landwirtschaftsminister ein eindrückliches Beispiel. In gesetzten
Worten redete er davon, dass es gelungen sei, den Agrarstrukturwandel einzudämmen.
Statt um 20 Prozent wie zwischen 2000 und 2010 sei die Zahl der land- und
forstwirtschaftlichen Betriebe im vergangenen Jahrzehnt nur mehr um 11 Prozent
gesunken. Klingt fraglos gut. Dass sich aber bei den rein landwirtschaftlichen
Betrieben, also bei denen, die man gemeinhin unter Bauern versteht, der
Strukturwandel in diesem Zeitraum weiter auf mehr als 20 Prozent beschleunigt,
sagte er nicht dazu.
Was in der Politik funktionieren mag, führt in der Wirtschaft direkt
gegen die Wand. Wer leugnet, dass Fleisch ein Problem hat, betrügt sich selbst.
In den vergangenen 20 Jahren ist der Fleischkonsum von auf gut 60 Kilogramm pro
Kopf gesunken. In Österreich wird immer seltener Fleisch gegessen. Acht Prozent
leben mittlerweile bereits als Vegetarier und fünf Prozent als Veganer.
Am meisten litt die Nachfrage nach Schweinefleisch. Seit 2010 hat sich
der Pro-Kopf-Verzehr um fast zehn Prozent auf nur mehr knapp 35 Kilogramm
verringert. Klingt nach nicht viel, bedeutet aber nichts anderes, als dass
heute in Österreich um rund 500.000 Schweine weniger gebraucht werden als noch
vor zwölf Jahren. Die Eigenerzeugung schrumpfte von 5,2 Mill. auf 4,7 Mill.
Schweine. Geht man davon aus, dass ein durchschnittlicher heimischer Mäster
jährlich 1000 Mastschweine liefert, ist durch die Änderung des
Ernährungsverhaltens in Österreich für rund 500 landwirtschaftliche Betriebe
allein in den vergangenen zehn Jahren die Produktionsgrundlage
abhandengekommen.
Das ist nicht nichts und muss den Bauern, denen ohnehin vielerorts
breite Ablehnung und Unverständnis entgegenschlägt, zu denken geben.
Ehrlichkeit ist gefordert. Vor allem Ehrlichkeit zu sich selbst. Und eine
Strategie wie man mit diesem Trend umgeht. Denn der läuft nicht für Fleisch,
wie immer man dazu steht. Man steht an einer Wegscheide.
Gmeiner meint - Blick ins Land - August 2022 , 4. August 2022
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