Es ist ein riesiger Parkplatz, knapp drei Hektar groß. Im oberösterreichischen Zentralraum. Auf bestem Boden. Wo vor zwei Jahren noch Getreide gewachsen ist, ist seit drei Monaten asphaltiert. Bis auf den letzten Quadratmeter. Hunderte Autos und dutzende Lichtmasten, aber kein einziger Baum. Rundherum Felder. Die dazugehörige Firma auf einem 17 Hektar großen Areal mit 1.100 Mitarbeitern gut 100 Meter weg, auf der anderen Seite einer Bundesstraße.
So etwas wird heute noch in Oberösterreich genehmigt. Verwundern tut das freilich nicht. Denn es passt zu den Schlagzeilen der vergangenen Tagen. "19 Hektar Wald gerodet -für Hallen auf Willhaben", wunderte sich die Kronen Zeitung und die OÖ Nachrichten ätzten über die im Vorjahr kahlgeschlägerte Waldfläche neben der Westautobahn bei Ohlsdorf: "Auf der Gebrauchtwarenplattform willhaben.at wurde das Betriebsbaugebiet nun zur Miete ausgeschrieben." Das sei "schlichtweg peinlich". Vor allem für den zuständigen Landesrat, der die schon damals heftig umstrittene Rodung seinerzeit mit dem Verweis auf einen neuen "Leitstandort für Oberösterreich" verteidigte. Nun zeigt sich -Konzept gab es gar keines und er will nichts mehr davon wissen. Die Umwidmung beantragt habe die Gemeinde, er habe nur genehmigt, ließ er ausrichten. "Nach den Bäumen fallen die Versprechen", kam es spitz in den Zeitungskommentaren zurück. Und ein Kommentator empfahl dem Landesrat gleich, sich in dem auf willhaben.at angebotenen Projekt als Start-up einzumieten, wenn es keine neuen Arbeitsplätze gibt. "Denn als Politiker wird er dann keine Zukunft mehr in Oberösterreich haben."Was ist da los in Oberösterreich, möchte man fragen, aber es ist zu fürchten, dass Oberösterreich überall ist, denkt man nur an all die Gewerbezonen, Siedlungssplitter und Straßenbauwerke von Vorarlberg bis ins Burgenland. Das Land ist oft regelrecht verwüstet. Die Region zwischen Linz und Wels entlang der Bundestraße 1 ist so ein Beispiel dafür, der Salzburger Flachgau rund um Straßwalchen oder die Region südlich von Graz. Zersiedelte Flächen, ausfransende Städte und Orte, billige, lieblose Zweckbauten, konzipiert oft nur für ein paar Jahre, eine planlose Verbauung und Verschwendung von Böden allerorten, oft erst entstanden in den vergangenen zehn, 20 Jahren, als der Bodenverbrauch und die Versiegelung längst ein groß diskutiertes Thema waren.
Der Generaldirektor der Hagelversicherung warnt seit Jahren davor, ebenso Wissenschaftler und auch Bauern. "Die Verbauung unserer Böden ist eines der größten Umweltprobleme", heißt es inzwischen unmissverständlich und anerkannt. Acht von zehn Österreicherinnen und Österreicher sehen das laut einer market-Umfrage so. "82 Prozent sehen die zunehmende Verbauung von Boden für Shopping-Center, Straßen, Industrie, Immobilien usw. als eine der größten nationalen Umweltprobleme." Ungefähr so bedeutend wie der Klimawandel und ähnlich hoch, wie man die Bedeutung der schrankenlosen Bodennutzung für den Verlust von Biodiversität einschätzt.
Zehn Hektar Boden gehen in Österreich jeden Tag verloren, 36 Quadratkilometer pro Jahr. Doppelt so viel wie die Fläche der Stadt Grein, gut dreimal so viel wie die Fläche von Freistadt. Von dem im Regierungsprogramm angestrebten Zielwert von neun Quadratkilometer pro Jahr bzw. 2,5 Hektar täglich ist man meilenweit entfernt.
Dabei wüsste man längst, wie es geht. Es bräuchte ein strategisches Flächenmanagement, wie Kurt Weinberger von der Hagelversicherung immer wieder betont -"mit verbindlichen Zielwerten für die Erhaltung produktiver Böden, Bodenfunktionsbewertungen, Wiedernutzung von Leerstand und Brachflächen, Festlegung von Siedlungsgrenzen, die Definition von Vorrangflächen für landwirtschaftliche Produktion und für Hochwasser-Rückhaltung und den Schutz wichtiger Ökosysteme".
Davon ist man weit entfernt. Einstweilen gilt wohl weiter, was im Klappentext zu Tarek Leitners Buch "Wo leben wir denn? Glückliche Orte. Und warum wir sie erschaffen sollten"(Verlag Brandstätter) steht: "Die Maybe-Gesellschaft geht vom Vielleicht aus: Wir lassen uns im Privaten und im Beruflichen so lange wie möglich alles offen. Das Credo von der Flexibilität überträgt sich auf unsere gebaute Umgebung. Dieser Zustand des Alles-zugleich-haben-wollens-und-dassofort bildet sich in der Landschaft ab: ungeplant, achtlos, verschwendend -eine Wegwerfarchitektur, die unsere Umgebung schlicht verunstaltet."