Donnerstag, 14. Dezember 2023

Österreich und seine Folgen

Österreich, respektive Frau und Herr Österreicher, wurden in den vergangenen Wochen hin zur Jahreswende wieder einmal vermessen. In allerlei Umfragen wurden die Landsleute auf ihre Einstellungen, ihre Meinungen, ihre Gewohnheiten, ihre Absichten und noch vieles andere mehr abgeklopft. Wie jedes Jahr um diese Zeit. Die Resultate sind eher ernüchternd, waren aber im Großen und Ganzen kaum anders zu erwarten. Man hält in diesem Land nicht viel voneinander, man ist in Sachen Bildung allenfalls Mittelmaß, rücksichtsvoll ist man auch nicht wirklich, und man will recht wenig, vor allem wenn man selbst etwas dazu beitragen soll. Mittelmaß ist genug.

"Hundekot regt Österreicher mehr auf als Islamismus und Antisemitismus", war da zu lesen, man lebe recht gut mit Verboten, und die Schüler werden schnell unrund und nervös, wenn sie ihr Handy nicht in ihrer Nähe haben. Manches skurril, manches albern, vieles bedenklich -vor allem, wenn man sich ausmalt, was daraus noch werden kann. In Österreich hat man sich immer schon gerne mit Nebensächlichkeiten lieber abgegeben als mit den wichtigen Dingen. Was das Ergebnis für den Hundekot in der Unique-Research-Umfrage zeigt, ist nichts anderes als die Politik zeigt, die in diesem Land seit geraumer Zeit gemacht wird -die wichtigen Dinge bleiben liegen und wenig beachtet und regen kaum auf, während man sich mit Inbrunst mit Nebensächlichkeiten herumbalgt und darüber aufregt.

Und es passt, dass fast zwei Drittel der Befragten angegeben haben, gut mit Verboten zu leben und sie alles in allem für angemessen zu halten. Vor allem, man vermutet es als gelernter Österreicher, weil man nicht viel von den andere Menschen hält und sie, wie es heißt, "aus eigenem Antrieb nicht vernünftig und rücksichtsvoll gegenüber ihren Mitmenschen" sind.

Diese Einschätzung hinwiederum, da greift eins ins andere, fügt sich in das Ergebnis, dass zwei Drittel nichts von dem halten, was man gemeinhin Eigenverantwortung nennt. Da wird verständlich, dass man lieber umgeben und abgesichert von Verboten lebt, auch wenn sie die eigene Freiheit einschränken sollten. Und das passt zur Versorgungsmentalität in diesem Land, deren Befriedigung so teuer geworden ist, dass politisch und finanziell damit zurechtzukommen kaum mehr möglich ist.

Dazu passt auch, wie das Ergebnis der Pisa-Studie interpretiert wird. Dass man nicht mehr weiter abrutschte wie in den vorangegangenen Jahren, nimmt man mit Zufriedenheit hin. Dass man Mittelmaß ist, reicht den meisten hierzulande. Dass man damit zufrieden sein kann, darauf einigt man sich schnell. Dass erst vor ein paar Monaten die letzten heimischen Unis aus allen internationalen Top-Rankings flogen, ist ohnehin längst vergessen -kann wohl passieren und sollte nicht überbewertet werden, hieße es wohl, wenn jetzt danach gefragt worden wäre.

Das alles passt zur Haltung, die sich in den vergangenen Jahren breitgemacht hat. Österreich will so wenig. An die Spitze will man gar nicht. Allenfalls im Sport. Man ist so schnell zufrieden in diesem Land. Es reicht, wenn ab und an ein Nobelpreisträger abfällt. Halbwegs auskommen, halbwegs durchkommen, rundum umhätschelt und abgesichert -das reicht. Mittelmaß ist genug.

Dass man zufrieden ist, schon gar nicht mit dem politischen System, heißt das -man vermutet es -natürlich nicht. Laut Demokratie-Monitor, den das Sora-Institut seit fünf Jahren misst, ist die Zufriedenheit mit dem politischen System angeblich, man mag es angesichts der öffentlichen Diskussion kaum glauben, leicht gestiegen. Von mehr Bedeutung ist wohl der Satz, dass die Zufriedenheit immer noch sehr niedrig ist. Bestürzend niedrig um genau zu sein, wenn man die Zahlen mit 2018 vergleicht. Meinten damals noch 64 Prozent der Befragten, das politische System in Österreich funktioniere, so sind es heuer nur 39 Prozent. Im Vorjahr waren es gar nur 34 Prozent.

Womit wir in der politischen Dimension wären. Denn sind die 34 Prozent schon besorgniserregend, so sind es die lediglich 24 Prozent, die im unteren ökonomischen Drittel das politische System für gut finden, erst recht. Das heißt, 76 Prozent, drei von vier Menschen, sind in diesem Milieu unzufrieden. Im Klartext -sie lehnen die Regierung klar ab. Und viele andere wohl auch, wenn man die Gesamtzahlen betrachtet.

Weil sie enttäuscht sind, sind sie wohl offen für Alternativen. Und anzuführen, wie die heißen, ist wohl nicht explizit erforderlich.

Meine Meinung, Raiffeisenzeitung 14. Dezember 2023

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