Nun also doch nicht. Kay-Michael Dankl wird nicht Bürgermeister von Salzburg. Dabei war die Aufregung nicht unbeträchtlich, weil viele auch außerhalb der Stadt Salzburg für den jungen Kommunisten mit der sonoren Stimme und dem unaufgeregten Auftreten durchaus Sympathie signalisierten. Altkanzler Schüssel sah sich veranlasst, eindringlich davor zu warnen, dass die "Marke KPÖ toxisch" sei und erinnerte daran, dass "halb Österreich" vor nicht allzu langer Zeit noch vom Eisernen Vorhang umschlossen war. Auch Oberösterreichs Alt-Landeshauptmann Pühringer rückte aus und forderte "Schluss mit lieb und nett" und warnte vor einer Verharmlosung ganz nach dem Motto "Auch ein Pseudo-Kommunist bleibt ein Kommunist".
Die Befürchtungen erwiesen sich als übertrieben. Die Festung wankte in Salzburg, aber sie fiel nicht. Dankls Ergebnis ist aber jedenfalls ein Achtungserfolg. Ein Achtungserfolg wohl, der die Republik nicht aus den Angeln heben wird und einer, den die Demokratie aushalten muss. So wie sie auch am anderen Rand des politischen Spektrums Erfolge aushalten muss.Dennoch bleibt einiges zu hinterfragen nach diesen Wahlen in Salzburg, respektive in der Stadt Salzburg, und sollte nicht einfach wieder unter den Teppich gekehrt werden. Kay-Michael Dankl hat mit seiner KPÖ plus weniger dem Kommunismus den Weg bereitet in Österreich, vielmehr hat er die Fehler der etablierten Parteien aufgezeigt und damit Stimmen gemacht.
Er verstand es vor allem, die Verärgerung vieler Salzburger Bürger über die Wohnungssituation in der Stadt Salzburg für sich zu nutzen und damit ideologische Berührungsängste locker zu überwinden. Die etablierten Parteien standen hilflos daneben und mussten zusehen, wie der Ideal-Schwiegersohn mit seiner unkomplizierten Art und ganz ohne das in der Politik üblich gewordene Geifern und ohne jede Aggression in der Wählerschaft abräumte.
Das wiederum zeigt, dass man in der Politik auch sehr wohl anders, nennen wir es zivilisiert, auftreten und zum Erfolg kommen kann. Da hofft man nachgerade, dass es Schule macht. Das zeigt aber auch, dass den Wählerinnen und Wählern im Land ideologische Grenzen völlig egal zu sein scheinen, wenn die Frustration nur hoch genug ist. Das ist freilich nicht neu. Von der rechten Seite kennt man das schon lange. Hemmungen sind dort längst fremd.
Das sollte Sorgen machen. Wo sind dann wirklich die Grenzen, fragt man sich mit wachsender Besorgnis. Von Kickl und Co weiß man, was sie denken und wo sie hinwollen und was man von denen zu befürchten respektive zu erwarten hat. Wenn aber auch Elke Kahr, die KPÖ-Bürgermeisterin von Graz und Vorbild für Salzburgs Dankl, für China kaum kritische Worte findet und auch nicht für Russland, sondern das "Gewinnstreben der Rüstungsindustrie" als Grund dafür angeführt wird, dass es in der Ukraine zu keinem Frieden kommt, eröffnet das eine neue Dimension.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist freilich, dass schier jede Äußerung Kickls für ein wildes Rauschen im Blätterwald sorgt, dass aber Kahr und auch Dankl und ihr Kommunismus in der heimischen Öffentlichkeit und Publizistik so etwas wie Welpenschutz genießen. Anders als der Gegenseite nimmt man ihnen alles ab, was sie zum Kommunismus sagen, hinterfragt es kaum, und skandalisieren will man es schon gar nicht.
Die traditionellen Parteien auch außerhalb Salzburgs jedenfalls sollten das Salzburger Ergebnis als Auftrag sehen, sich nun endlich wirklich am Riemen zu reißen und Dankl und seinen Erfolg nicht kleinreden. Denn es sind sie, die verantwortlich dafür sind, dass wir es heute mit extremen Positionen und Parteien zu tun haben. Mit der FPÖ bei uns oder der AfD in Deutschland und all ihren Auswüchsen auf der einen Seite und nun auch mit den Kommunisten auf der anderen.
Es geht darum, das aufzuräumen, was man in den vergangenen Jahren angerichtet hat, will man nicht endgültig untergehen und den linken und den rechten Rändern das Land überlassen. Sie können sich dabei in der Tat an Dankl ein Vorbild nehmen und vielleicht sogar auch an Kahr. Der Zugang, den sie zu den Wählern haben, haben andere längst verloren.
Da sollte sich auch die SPÖ nicht täuschen, die den Sieg in Salzburg brauchte wie einen Bissen Brot. "Wäre Dankl als 'Plus', also ohne den Kommunisten-Quatsch, angetreten, wäre es wohl knapper geworden", war auf Twitter zu lesen.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 28. März 2024
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