Montag, 22. April 2024

Hofübergabe ist keine „gmahdeWiesn“

Der Generationswechsel in der Landwirtschaft ist eine heikle Sache. Einen Bauernhof will nicht mehr jeder übernehmen – aus vielerlei Gründen.

Hans Gmeiner

Linz, Salzburg. Pro Jahr werden in Österreich rund 1800 Bauernhöfe von ihren Besitzern an die nächste Generation übergeben. Einen Bauernhof zu übernehmen war früher – trotz all der Arbeit und Verantwortung, die damit verbunden war – meist die Garantie für eine abgesicherte Zukunft. Heute ist das längst anders. Einen Hofnachfolger respektive eine Hofnachfolgerin zu finden wird immer schwieriger. Statt den Hof, den Stall und die Felder in jüngere Hände übergeben zu können, müssen jährlich rund 1000 Bäuerinnen und Bauern ihre Höfe zusperren und die Felder verpachten oder verkaufen, weil ihre Nachkommen in der Landwirtschaft keine Zukunft sehen.

Vor nicht allzu langer Zeit waren es allerdings noch deutlich mehr als 1000 Bauern, die jährlich aufgegeben haben. „Seit dem EU-Beitritt hat sich der Strukturwandel dank der Fördermöglichkeiten im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik deutlich verlangsamt“, sagt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) bei der Vorstellung einer gemeinsamen „Hofübernehmer-Initiative“ mit der Landjugend-Organisation. Agrarpolitische Maßnahmen wie Zahlungen für Jungbauern und das Thema Ausbildung sollen verstärkt in den Mittelpunkt gestellt werden.

Die Gründe dafür, dass oft kein Hofnachfolger zu finden ist, gehen weit über die schwierige wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft und das oft zu geringe Einkommen hinaus. Immer wieder werden der große Arbeitsaufwand, die Bürokratie und schlechte Aussichten für Bauern genannt. Oft stehen große Investitionen im Weg, die die Übergeber vor sich hergeschoben haben und denen sich die Nachfolger nicht gewachsen sehen. Immer öfter spielen auch Anfeindungen gegen die Landwirtschaft eine Rolle. Und eine in der öffentlichen Diskussion über den agrarischen Strukturwandel wenig beachtete Rolle spielen familiäre und persönliche Konstellationen, die einer Weiterführung der Landwirtschaft entgegenstehen. Junge Menschen nehmen heute nicht mehr einfach hin, was ihre Eltern für sie geplant haben, oft gibt es unterschiedliche Auffassungen über die Fortführung des Betriebs und Ähnliches mehr.

Auch regional gibt es beträchtliche Unterschiede. Während es in manchen Regionen große Probleme bei der Hofübergabe gibt und sich einige wenige Junge, die dazu bereit sind, vor Angeboten kaum retten können, funktioniert der Übergang von einer Generation auf die nächste in anderen Regionen klaglos. Als Faustregel gilt, dass sich Haupterwerbsbetriebe und Betriebe im Berggebiet bei der Hofnachfolge leichter tun als Nebenerwerbsbetriebe und Betriebe in nicht benachteiligten Gebieten, in denen die potenziellen Hofnachfolger mehr Alternativen zu einem Leben zwischen Hof, Stall und Feld haben.

Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass auf vielen Höfen die Betriebsnachfolge lange ungeklärt bleibt. Vor fünf Jahren ergab eine Befragung der Key-Quest-Marktforschung, dass auf rund der Hälfte der Höfe, auf denen die Betriebsleiterin oder der Betriebsleiter bereits den 50. Geburtstag hinter sich hat, die Nachfolge nicht geregelt ist. Bei einem Viertel davon war bereits klar, dass es nicht weitergehen wird. Auf neun Prozent der Höfe, bei denen die Nachfolge nicht entschieden war, gab es keine Kinder und auf 16 Prozent der Höfe hatten die Kinder kein Interesse, den Hof zu übernehmen. „Daran hat sich in den vergangenen Jahren nichts geändert“, sagt Johannes Mayr von Key-Quest, „das bestätigen auch neuere Untersuchungen.“

Dort, wo die Hofnachfolge bereits geregelt ist, übernimmt meist eines der eigenen Kinder den Hof. Dabei sind die Bauern noch immer sehr traditionell. Söhne kommen vier Mal häufiger zum Zug als Töchter. Bei weiteren vier Prozent übernimmt laut Key-Quest ein Neffe, eine Nichte oder ein anderer Verwandter den Hof. Aber auch außerfamiliäre Übergaben sind längst kein Tabu mehr. Dafür gibt es mittlerweile auch eine eigene Vermittlungsplattform.

Bei den Betrieben, bei denen die Übergabe klappt, scheint alles eitel Wonne zu sein. „93 Prozent der Befragten treten ihr Erbe mit Begeisterung“ an, ergab vor nicht allzu langer Zeit eine Befragung von Hofnachfolgern. Vor allem die jungen Bäuerinnen und Bauern unter 40 sind es, die zuversichtlich in die Zukunft blicken. Und das sind in Österreich so viele wie in keinem anderen EU-Land – knapp 24 Prozent der Betriebsführerinnen und Betriebsführer in der österreichischen Landwirtschaft sind noch keine 40 Jahre alt. Der Durchschnittswert in der EU liegt bei nur zwölf Prozent.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 22. April 2024

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