Die Arbeit sorgte in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen. Nicht nur wegen des 1. Mais. Dessentwegen eigentlich noch am wenigsten. In den Tagen davor machten die Lohnverhandlungen bei den Austrian Airlines Schlagzeilen und die Industriellenvereinigung, die mit der Forderung nach Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden, weil „Wohlstand nur durch Leistung“ entstehe, für Empörung sorgte. Und da ist noch gar nicht die Rede von der 32-Wochenstunden-Forderung mit der der Chef der Sozialdemokraten, seit Monaten die die Gemüter in Wallung bringt.
An der Arbeit entzündet sich schnell etwas. Sie bewegt die
Menschen und sie bewegt die Politik. Beobachter konstatieren, dass die Pandemie
das Verhältnis zur Arbeit stark verändert hat. Viele Beschäftigte seien aus dem
Lockdown nicht mehr vollständig zurückgekehrt meint etwa Franz Schellhorn, Chef
der Agenda Austria. Man will heute weniger arbeiten, man will mehr Flexibilität
in Sachen Arbeitszeit. Und man will oft nicht mehr zurück in die Büros. Weil
man das Homeoffice aus welchen Gründen immer zu schätzen gelernt hat.
Unzufriedenheit ist in den vergangenen Jahren eine
Lebenshaltung geworden in Österreich. Da nimmt nicht Wunder, dass sich auch mit
der Arbeitswelt und was dazugehört Unzufriedenheit breit machte. Für viele
Berufe sind nur mehr schwer Bewerber zu finden. Zuweilen ist, wie das AMS-Chef
Johannes Kopf einmal nannte, „ein Kampf unter den Branchen um Arbeitskräfte“ zu
beobachten.
Heute geht es vielen um eine möglichst guter
Work-Life-Balance und um Möglichkeiten für die persönliche Weiterentwicklung.
Der Begriff Leistung ist in diesem Umfeld nicht wirklich hoch angesehen und hat
oft an Stellenwert verloren. Vor allem die Jungen sind nicht mehr zu all dem
bereit, was in der Arbeitswelt vor ein paar Jahre noch üblich war. Die
Generation Z will zwar einen sicheren Arbeitsplatz, im Vordergrund steht dabei
„Sinnvolles“ zu tun und nicht auf „genügend Freizeit“ verzichten zu müssen.
Vollzeitarbeit gilt heute oft gar nicht mehr als
erstrebenswert. Nicht nur aus den genannten möglichen Gründen. Oft geht
es um ganz Anderes. Darum etwa, dass es etwa an Möglichkeiten für
Kinderbetreuung fehlt oder darum, dass sich Mehrarbeit schlicht nicht auszahlt,
weil vom Mehreinkommen netto nicht wirklich viel mehr bleibt.
Bei Themen wie diesen sind nicht die Unternehmen und
Unternehmer, sondern da ist die Politik gefordert. „Wer von 25 auf 35 Stunden
aufstockt, sieht dass der Nettozuverdienst mit dem Zuwachs beim Bruttoeinkommen
nicht mithalten kann“, wird in einem Zeitungskommentar dieser Tage das Dilemma
auf den Punkt gebracht. Und das ist nicht das einzige Beispiel. Bei den
Zuverdiensten für Pensionisten ist es kaum anders. Wer sich darauf einlässt,
muss schnell erkennen, dass man da nicht rechnen darf, wenn man arbeiten will.
Beispiele wie diese gibt es viele.
Die Welt ist eine andere geworden. Auch die Welt rund um die
Arbeit. „Hoch die Arbeit“ hieß es früher, auch am 1. Mai. Heute heißt vor allen
„Hoch die Hände Wochenende“. Dieser Tage war, entstanden wohl vor dem
Hintergrund der politischen Slogans, mit denen der Chef der heimischen
Sozialdemokraten Wähler gewinnen will, vom „Tag des Arbeitsleids“ zu lesen und
davon „dass Babler und Genossen“ die Arbeit zusehends „sabotieren“ und
„enthusiastisch in die Sackgasse“ führen.
Arbeit zu haben, wird zwar immer noch hoch geschätzt, auch
das Geld das man dafür bekommt mag man. Das man von der Arbeit gut redet, gar
davon, dass man sie gerne macht, kommt hingegen her selten vor. Die guten
Seiten kommen kaum vor. Ist Arbeit nicht für viele Menschen nicht nur
Gelderwerb sondern auch Erfüllung und Bestätigung? Arbeiten nicht auch sehr
viele Menschen sehr gerne? Nicht nur wegen des Lebensunterhaltes, den sie damit
verdienen, sondern auch wegen der sozialen Kontakte. Ist es wirklich so, dass
Freizeit das einzig erstrebenswerte ist und Arbeit nur Mühsal und allenfalls
notwendiges Übel?
Wohl nicht. Heute ist Arbeit längst ein komplexes
Wechselspiel von Wünschen und Bedürfnissen, die weit über Geld und Zeit
hinausgehen. Und da ist nichts mehr von „Hoch die Arbeit“. Das freilich sollte
man schon allein deswegen nicht aus den Augen verlieren. Die Unternehmerinnen
und Unternehmer sowieso nicht. Aber schon gar nicht die Politikerinnen und
Politiker aus deren Lager der Slogan stammt.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 30. April 2024
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