Mittwoch, 30. April 2025

Ein Papst zeigte, wie es gehen sollte

Papst Franziskus habe die unveräußerliche Würde des Menschen über alles gestellt, sagte der Wiener Kardinal Christoph Schönborn über das Leben des Papstes. Andere sprachen davon, dass mit ihm die Welt eine "unermüdliche Stimme für soziale Gerechtigkeit, für die Armen und die Ausgegrenzten, für Geflüchtete und für den Schutz unserer Schöpfung" verliere. Als "am auffallendsten" wurde sein Engagement für die Armen, seine Bescheidenheit und seine Einfachheit bewertet. Und: Er sei für die Würde des Menschen gestanden.

All diese Eigenschaften und Themen haben eines gemeinsam - sie gelten in der Politik und in der Gesellschaft allesamt nicht mehr viel und sind allenfalls zu hohlen Phrasen verkommen. Es fehlen ihnen oft die Lobbys, um sie auf der Agenda zu halten. Sie sind gleichsam aus der Mode gekommen in Zeiten, in denen oft nur mehr Härte zu zählen scheint, Ab-und Ausgrenzung auch und in denen man sich sehr viel eher an Umfragen orientiert als an Grundsätzen und Bedürfnissen, die nicht die eigenen sind. 

Was in den vergangenen Tagen über den Papst geschrieben wurde, zeigte eindrücklich, wie selten, was in dieser Welt verloren gegangen und unter die Räder gekommen ist, wonach sich aber dennoch so viele sehnen und woran die Welt leidet -und was sie, geführt oft von selbstverliebten und selbstgefälligen Autokraten und ihrer ideologischen Verbohrtheit und Selbstherrlichkeit, vermissen lässt. Eine Welt, in der die Trumps und Putins herrschen und ein paar Multimilliardäre, in der populistische Parteien immer neue Worte und Methoden finden, um gegen Menschengruppen zu hetzen. In der es viel zu oft um Ideologien und Machtansprüche geht, die immer rücksichtsloser durchgesetzt werden und in der ohne Skrupel ausgehebelt wird, was die Gesellschaft über Jahrhunderte an Demokratie und an sozialen Verbesserungen errungen hat. Viel zu oft ist dabei der Umgang miteinander außer Kontrolle geraten und der Mensch aus dem Fokus gerückt. Überall stellt man die eigenen Bedürfnisse voran, ohne jede Rücksicht.

Papst Franziskus zeigte, dass es auch anders gehen kann. Er war einer der letzten großen Verantwortungsträger der Welt, die sich noch um Themen angenommen haben, die von der großen Politik längst verdrängt oder gar aufgegeben wurden, lästig auch und oft nur beschwerlich.

Franziskus versuchte allen Widerständen und Moden zum Trotz etwas vorzuleben, was im öffentlichen Leben längst verloren gegangen ist. Er verfolgte seine Ziele ohne Hintergedanken und wohl auch ohne sonderliche politische Rücksichten, ohne ideologische Verblendetheit, sondern von innen heraus. "Er lebte das Evangelium" wohl tatsächlich, wie dieser Tage immer wieder zu lesen war. Und er ließ sich diese Position bei aller Kritik nicht nehmen -etwas, was der Gesellschaft so oft fehlt inzwischen und auch etwas, was vor allem die Kirche und ihre Vertreter vermissen lassen. Er war eine moralische Instanz und er verstand sich wohl auch als solche.

Er orientierte sich nicht an Stimmungen, sondern er orientierte sich an Bedürfnissen. Unprätentiös, mit Hausverstand und oft ohne sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Eitelkeit schien ihm fremd. Etwas, das heute oft so schmerzhaft fehlt und von dem man sich so viel mehr wünschen würde. Von der Politik, zumal der christlich-sozialen, sowieso, aber auch von der Kirche, die sehr oft nur mehr zurückgezogen, mit sich selbst beschäftigt, konfliktscheu und oft auch als eitel empfunden wird. Nicht wenige erwarten sich gerade in Zeiten des Umbruchs Orientierung und mehr Mut -vor allem von den Verantwortlichen und den Kirchenoberen.

Papst Franziskus war nicht ohne Fehler. Und er musste sich auch Kritik gefallen lassen. Vor allem sein wirtschaftliches Verständnis sorgte mitunter für Aufregung. "Der Papst der Armen hatte den falschen Plan gegen Armut" heißt es nun da und dort. Mag sein. Aber er machte zum Thema, was andere längst nicht mehr zum Thema machen. Was vielen einerlei geworden ist und was sie hinnehmen, ohne etwas dagegen zu tun, weil sie sehr viel mehr mit sich selbst und mit ihren Interessen beschäftigt sind.

Wie das Pontifikat des Franziskus zu bewerten ist, sei dahingestellt. Das wird die Geschichte zeigen. Ein Vorbild sollte seine unprätentiöse Einstellung bleiben, sein gerader und unverstellter Blick und sein Mut Stellung zu nehmen, wo andere das längst für unnötig oder gar für unstatthaft halten.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 30. April 2025

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