Donnerstag, 11. Oktober 2012
... und es ist ihnen kaum etwas heilig
Was immer von dem zu halten ist, was dem Landwirtschaftsminister im jüngsten Rechnungshofbericht vorgeworfen wird - dass der Bericht just drei Tage vor Berlakovichs Termin vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in die Öffentlichkeit kam, fügt sich durchaus nahtlos in die Reihe von Vorgängen, die in diesem Land einer genaueren Überprüfung unterzogen werden sollten. Und es fügt sich nahtlos in die Zustände in diesem Land, in dem Dinge wie diese gar nicht mehr hinterfragt, sondern, gelernt in Jahrzehnten, ohne Diskussion hingenommen werden.
Das aber ist unerträglich, zumal dann, wenn es um eine Einrichtung wie den Rechnungshof geht, der bisher zweifellos zu den letzten Bastionen in diesem Land zu rechnen war, denen man uneingeschränkt Vertrauen entgegenbringen konnte. Man spürt, wie sich die Strippenzieher hinter den Kulissen feixend die Hände ob des gelungenen Coups reiben, mit dem sie den schwarzen Landwirtschaftsminister eintunkten, um ihre eigenen Leute nicht ganz so schlecht und alleine dastehen zu lassen. Dass damit eine der wichtigsten Institutionen Österreichs beschädigt wurde, nehmen sie hin. Dass damit das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Politik wieder ein Stück mehr demontiert wurde, ebenso.
Das Ganze fügt sich nahtlos in die Entwicklung der vergangenen Jahre. Zentrale Einrichtungen des Staatsgefüges und der Demokratie sind dabei, demontiert zu werden. Sie lassen sich aber auch viel zu oft als willfährige Handlanger von Politik und deren Spindoktoren allzu leicht demontieren. Und verlieren damit Vertrauen, enttäuschen Erwartungen und erfüllen ihre Aufgaben immer weniger und immer schlechter.
Der Rechnungshof ist nur ein Beispiel. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss, und wie die Proponenten und Regierungspartien diese Einrichtung vorführten und der Lächerlichkeit preisgaben, ist ein anderes. Und die heimische Justiz ist ein drittes.
Dass mit dem ehemaligen Kärntner Landesrat Martinz einer aus der Kärntner Partie, die das Land seit Jahren zum Narren macht, im Gefängnis landet, mag rechtens sein. Das Gejohle aber, mit dem das Urteil auch aus Juristen-Kreisen bis hinauf in das Justizministerium begleitet wurde, sollte Sorge machen. Genauso wie die Lockerheit und Unbekümmertheit, mit der Staatsanwälte, Richter und Ministeriale Interviews zu diesem Thema gaben.
Wurden bisher, wie der unselige FP-Justizminister Ofner es schon vor 20 Jahren formulierte, "viele Suppen“ für "zu dünn“ erklärt, so scheint nun das Pendel in die Gegenrichtung auszuschlagen. Schon malt man Leuten wie Mensdorff-Pouilly und Ernst Strasser genussvoll, mit großer Häme und in fetten Schlagzeilen, eine Zukunft hinter schwedischen Gardinen aus.
Mit Verlaub: Die Rechtsauffassung, die da überall durchschimmert, macht bange. Es muss um Recht gehen und nicht um Rache, ist dem entgegenzuhalten. Denn alles andere ist ganz sicher keine Basis für einen Rechtsstaat, als der Österreich konzipiert ist.
An all das sollte man sich nicht gewöhnen, nicht in die eine Richtung und nicht in die andere. In diesem Land scheint die Mitte abhanden zu kommen und die Verantwortung dafür. Das hat wohl auch mit der beständigen Zuspitzung von Positionen zu tun, mit immer schrilleren Forderungen und immer weniger Solidarität. Allzu vielen geht es längt nicht mehr um den Ausgleich, sondern um Durchsetzung eigener Vorstellungen und Wünsche. Oft, wie es scheint, mit allen Mitteln.
Hinter den Kulissen sind die Scharfmacher am Ruder. Sie haben in den vergangenen Jahren alles dazu getan, das Klima in diesem Land zu verändern. Und es war ihnen kaum etwas heilig. Ohne, oder wohl besser, gegen besseres Wissen hat man sich auf Hatz als politisches Prinzip verlegt. Strache, Kopf, Muhm - alle Parteien spielen dieses Spiel. Man hat die Anforderungen der Wirklichkeit und die Bedürfnisse der Bevölkerung über dem, was man für Kampf um Stimmen hält, aus den Augen verloren.
Und nichts bremst diese Entwicklung ein. Allerorten werden die Positionen unter dem Vorwand, das politische Profil zu schärfen, weiter zugespitzt. Der am Wochenende anstehende Parteitag der Sozialdemokraten ist da keine Ausnahme. Und bezeichnend für die Politik in diesem Land und was damit angerichtet wird. Bei den Anträgen dort geht es, so weit bereits im Vorfeld bekannt geworden, sehr oft weniger um das gemeinsame Österreich und um das Fortkommen der Gesellschaft, sondern darum, den politischen Gegnern möglichst eins auszuwischen und ihnen weh zu tun.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 11. Oktober 2012
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