Freitag, 19. Oktober 2012
Wegbereiter des Wohlstands
Im Streit um die Lebensmittelpreise gehen die Hersteller in die Offensive. Red Bull verschönert Exportstatistik.
HANS GMEINER Wien (SN). Die Lebensmittelwirtschaft ist es leid, ständig als Preistreiber an den Pranger gestellt zu werden. „Das ist absolut ungerecht“ sagt Michael Blass, Sprecher der heimischen Lebensmittelwirtschaft, und dreht den Spieß um. „Ich sehe die heimische Lebensmittelwirtschaft als Wegbereiter des Wohlstands in Österreich“, hält er den Kritikern entgegen. Über einen längeren Zeitraum betrachtet sei der Anstieg der Preise für Lebensmittel deutlich geringer als der Anstieg der allgemeinen Haushaltsausgaben. Nicht zuletzt wegen dieser Entwicklung sei der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel an den Gesamtausgaben eines Haushalts in den vergangenen Jahrzehnten markant gesunken. „Das ermöglichte es, in Bildung, Wohnen und andere Bedürfnisse des täglichen Lebens mehr zu investieren“, sagt Blass.
Er untermauert seine Einschätzung mit Zahlen. „Obwohl die Ausgaben für Ernährung und alkoholfreie Getränke zwischen 2005 und 2010 um 6,4 Prozent zulegten, liegen sie immer noch deutlich unter dem Anstieg der allgemeinen Haushaltsausgaben, der in diesem Zeitraum 14,6 Prozent betrug.“ In einem durchschnittlichen Haushalt beträgt laut Blass der Anteil der Ausgaben für Lebensmitten und Getränke an den Gesamtausgaben nur mehr 12,1 Prozent.
Zum Wegbereiter des Wohlstands wurde die Lebensmittelwirtschaft nicht ganz freiwillig. Das muss selbst Blass einräumen, der mit Jänner 2013 Stephan Mikinovic als Chef der AMA-Marketing folgt und damit Österreichs oberster Lebensmittelvermarkter wird. Für ihn spielt die Konzentration im Lebensmittelhandel, wo sich drei Konzerne 85 Prozent des Marktes teilen, eine entscheidende Rolle. Unter dieser Marktmacht hätten die heimischen Hersteller von Lebensmitteln zu leiden. Trotz eines Umsatzzuwachses von 9,1 Prozent auf 7,68 Mrd. Euro im Vorjahr sei die Lage angespannt.
Aber kein Nachteil, wo nicht auch ein Vorteil ist, gibt Blass zu. „Ein Lebensmittelerzeuger, der sich angesichts dieser Verhältnisse in Österreich behauptet, kann sich überall durchsetzen.“ Die Statistik bestätigt das. Die Entwicklung der Agrar- und Lebensmittelexporte ist seit Jahren eine der Erfolgsstorys der heimischen Wirtschaft. Im Vorjahr legten die Ausfuhren laut Reinhard Schuster von der AMA-Marketing um 12,7 Prozent auf 8,76 Mrd. Euro zu, während die Einfuhren um nur 11,2 Prozent auf 9,65 Mrd. Euro wuchsen. Heuer gab es im ersten Halbjahr bei den Exporten ein Plus von 3,6 Prozent und bei den Importen eines von 2,7 Prozent.
Während heuer die Ausfuhren in Europa stagnieren und vor allem in Ländern wie Ungarn und Rumänien deutlich im Minus liegen, gab es vor allem in Kanada und in den USA starke Zuwächse. Energydrinks wie Red Bull, Eistee und andere Getränke hätten zu diesem Plus geführt, sagt Blass.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 19. Oktober 2012
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