HANS GMEINER Linz (SN). In Brüssel gehen die Verhandlungen um die EU-Agrarreform in die entscheidende Phase. Bei den Bauernvertretern wächst die Zuversicht, dass die Landwirtschaft in der Budgetperiode von 2014 bis 2020 ohne Kürzung davonkommt. Bei einer Diskussion Freitagabend in Linz zeigte sich Joseph Daul, Fraktionsführer der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament, sehr optimistisch. „Wir sind in eine gute Richtung unterwegs“, sagte er zu den Gesprächen über den künftigen EU-Finanzrahmen.
Über alle Fraktionen hinweg habe sich das EU-Parlament darauf geeinigt, einer Kürzung des Agrarhaushalts nicht zuzustimmen. Man werde nicht abstimmen, „bevor wir nicht wissen, was für die Landwirtschaft da ist“, sagte Daul. Über die Verwendung des Geldes gehen indes die Meinungen der Fraktionen auseinander. Umstritten ist vor allem der Bereich Ländliche Entwicklung. Die Gelder aus diesem Topf kommen bisher vor allem den Bauern für das Umwelt- und Investitionsprogramm und die Bergbauernförderung zugute. In Zukunft sollen die Gelder auch verstärkt in andere Bereiche als die Landwirtschaft fließen. „Dafür habe ich Verständnis“, sagte Daul.
Auch inhaltlich ist die Agrarreform noch offen. Das EU-Parlament muss in den nächsten Wochen rund 8000 Änderungsanträge bearbeiten. Zu stehen scheinen nur die großen Linien. Die Teilnahme an speziellen Umweltprogrammen, wie es sie in Österreich für das sogenannte Greening gibt, sei genauso fix wie die Bergbauernförderung, sagt EU-Parlamentarierin Elisabeth Köstinger (ÖVP), die Chefverhandlerin der EVP für die Ländliche Entwicklung. Bei der Neuabgrenzung benachteiligter Gebiete, die in Österreich rund 30.000 Bauern um Sonderzahlungen ähnlich der Bergbauernförderung bringen könnte, zeichne sich ein Aufschub ab, sagt sie. Indes steht auf einmal eine Fortführung des Milchquotensystems im Raum, freilich anders als bisher. Vor allem Frankreich drängt laut Daul auf eine Mengensteuerung.
Auch in Österreich haben die Bauern längst nicht alles im Trockenen. Das Bauernbund-Modell zur Angleichung der Hektarprämien stößt auf heftigen Widerstand der SPÖ. Statt der geplanten Übergangsfrist bis 2019 verlangt sie eine sofortige Umstellung. Weit entfernt von einer Einigung sind die Koalitionspartner auch bei Einheitswert und Besteuerung der Landwirtschaft. Morgen gehen die Gespräche weiter.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 1. Oktober 2012
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