Freitag, 1. März 2013

Am Ende haben immer die Bauern das Bummerl





Wenn das Fleisch von ausgemusterten rumänischen Gäulen nach Holland exportiert wird und dann von dort nach Spanien gelangt, um schlussendlich als "Rindfleisch" einer deutschen Lasagne die Füllung zu geben, darf man sicher sein, dass die österreichische Landwirtschaft am Schluss das Bummerl hat. So wie bei allen Lebensmittelskandalen, die sich in fernen Landen abspielten und rein gar nichts mit der hiesigen Landwirtschaft zu tun hatten, war es auch diesmal. Übrig bleiben die Bauern, die sich für ihre Art, die Tiere zu halten, allerorten rechtfertigen und davor zittern müssen, dass bald noch mehr Kontrolleure in ihren Ställen und auf ihren Feldern herumschnüffeln. Und weil ein kleiner Kärntner Fleischhauer den Hals nicht voll genug kriegen konnte, steht auch gleich das mühsam aufgebaute Image als Feinkostladen Europas dem Spiel. Wie immer haben auch diesmal die für den Skandal Verantwortlichen besonders geschickt gehandelt. Während Bauern und Bauernvertreter an keinem Mikrofon vorbeigingen und damit vor lauter Reden oft auch die Diskussion über die Verantwortung auf sich zogen, haben sich die wahren Täter ganz ruhig verhalten. Von der Fleischindustrie war kein Mucks zu hören. Und schon gar nicht von den Fleischhändlern, die ihre Ware nicht nur in Europa mit mitunter fragwürdigen Methoden und fragwürdigen Standards handeln, sondern rund um den Globus. Nicht wenige haben österreichische, zumal Wiener Adressen. Sie schauten von dort aus vermutlich sehr amüsiert dem Treiben zu.

Und der Lebensmittelhandel tat ohnehin, was er immer in solchen Fällen tut. Auf Diskussionen über einen möglichen Zusammenhang zwischen Preisdruck und Falschdeklaration lässt man sich gleich gar nicht ein, sondern erklärt es für einmalige Ausrutscher, wenn Pferdefleisch in der Lasagne, EHEC-Bakterien in Gemüse oder umetikettierte Bio-Eier auftauchen. Flugs entfernt man die verdächtige Ware aus den Regalen und lobt sich in Presseaussendungen dafür, rasch und im Sinne der Konsumenten gehandelt zu haben.

Und der Herr Gesundheitsminister, bei dem in Österreich die Verantwortung für die Lebensmittelkontrolle liegt, schafft es, alle Diskussionen ganz weit von sich zu schieben, indem er eine Gütesiegeldiskussion vom Zaun bricht, die vom Landwirtschaftsminister abwärts die Agrarier schlecht aussehen lässt. Dabei wäre es Stöger, der am Pranger stehen müsste. Denn dass ein Gütesiegel gegen kriminelle Machenschaften hilft, wird wohl niemand behaupten. Das zeigt allein, dass auch Stögers Mannen das Rossfleisch in den Kärntner Hauswürsteln erst entdeckten, als sie gezielt danach suchten.

Aber so ist es wohl in Österreich. Man diskutiert so gerne an den eigentlichen Problem vorbei, solange es nur darum geht, dem politischen Kontrahenten eines auszuwischen. Bei Lebensmitteln geht es um wirksame Kontrolle. Und die ist ganz offensichtlich nicht gewährleistet. Sie setzt sehr oft an falschen Stellen an und weist riesige weiße Flecken auf. Ob da jetzt die Deklarationspflicht verschärft oder irgendein Gütesiegel eingeführt wird, ist sekundär. Wer betrügen will, findet immer einen Weg, solange er sich sicher sein kann, dass seine Produkte kaum kontrolliert werden. Erst in zweiter Linie geht es um Gütesiegel. Da freilich muss die Bauernvertretung wesentlich konsequenter gegen die Gütesiegel-Shows des Handels und anderer Organisationen auftreten. Immer nur das AMA-Gütesiegel lobend hervorzuheben ist zu wenig. Denn dann werden die Bauern auch in Zukunft immer das Bummerl haben.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 1. März 2013

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