Mittwoch, 21. August 2013
Jenseits der Romantik
Die Landwirtschaft ist nicht so romantisch, wie es die Öffentlichkeit gern hätte. Vor allem die konventionellen Bauern geraten deswegen unter Druck.
In der heimischen Landwirtschaft geraten die Relationen aus dem Lot. In der breiten Öffentlichkeit scheinen die Biobauern und die Kleinlandwirte alle Sympathien zu haben. Die konventionelle Landwirtschaft und größerebäuerliche Betriebe hingegen geraten seit geraumer Zeit immer stärker unter Druck.
In Österreich hat sich ein Klima aufgebaut, das viele konventionelle Bauern mittlerweile als Bedrohung empfinden. Ihre Produktionsweisen werden in Zweifel gezogen und es wird einer Form der romantisierenden Subsistenz-Landwirtschaft das Wort geredet, die sich an Träumen von einem Agrarwesen längst vergangener Zeiten orientiert, nicht aber an den Verhältnissen auf den Märkten. Über die Folgen für die Sicherung der Versorgung mit Lebensmitteln und davon, dass die Lebensmittel dann deutlich teurer wären, mag hingegen niemand reden.
Konventionelle Bauern tun sich immer schwerer damit, mit dem vor allem in der Werbung gezeichneten Bild einer Heilen-Welt-Landwirtschaft mit geschwätzigen Schweinchen und kitschigen Bildern abseits der täglichen Realität auf den Höfen zurechtzukommen. Damit werden Erwartungen in die Landwirtschaft projiziert, die in der Realität kaum mehr erfüllbar sind. Für die Bauern sind sie zu einer großen Belastung geworden. Denn längst bestimmen diese Bilder auch die politische Diskussion und damit den Forderungskanon, dem sich die heimischen Bauerngegenübersehen.
Handel und NGO geben in dieser Diskussion den Takt vor. Lang ist die Liste der Vorschriften, die den Bauernaufgezwungen wurden und die sie im Wettbewerb benachteiligen, weil sie in anderen EU-Staaten später in Kraft treten oder gar nicht gelten. Der Bogen reicht vom vorzeitigen Verbot von Neonicotinoiden in der Saatgutbeizung bis zur GVO-freien Fütterung. Die finanziellen Nachteile daraus müssen die Bauern selbst tragen.
Denn auf den Märkten wird eine andere Sprache gesprochen. Dort hat das, was in Österreich zuweilen als ausschließliche Zukunft der Landwirtschaft gesehen wird, nicht den Platz, den manche glauben machen möchten. Und danach, ob die Agrarprodukte von kleinen oder großen Bauern kommen, fragt niemand.
Sollen diese Produkte auch künftig aus Österreich kommen, muss der konventionellen Landwirtschaft und konkurrenzfähigen Betriebsgrößen der entsprechende Rang zugestanden werden. Denn es ist immer noch die konventionelle Landwirtschaft, die mehr als 90 Prozent der Lebensmittel erzeugt und so die Versorgung zu Preisen sichert, die für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich sind.
Ähnlich verhält es sich mit der Produktionsleistung von kleinen und größeren Betrieben. Bei Getreide etwa liefern die an der Betriebsgröße gemessenen oberen 19 Prozent 51 Prozent der Produktion. Die 19 Prozent der Betriebe am unteren Ende der Größenskala bringen es dagegen nur auf drei Prozent der Produktion. In den anderen Sparten ist es kaum anders. Das alles sind keine Gründe, Bio schlechtzumachen und kleine Betriebe nicht zu unterstützen. Das alles sind aber Gründe, konventionelle Landwirtschaft und entsprechend große Betriebe nicht permanent schlechtzumachen, sondern alles zu tun, um auch sie abzusichern.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 21. August 2013
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Zu diesem Artikel ist ein Kommentar von Werner Lampert auf seinem Blog erschienen: http://blog.wernerlampert.com/2013/09/kommentar-salzburger-nachrichten/
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