Donnerstag, 10. April 2014
Österreichs Milcherzeuger rüsten auf
HANS GMEINER Wien (SN). Noch genau ein Jahr dauert es, bis der europäische Milchmarkt liberalisiert wird. Der wird seit Jahrzehnten über ein kompliziertes Produktionsquotensystem für EU-Staaten und Bauern geregelt. Die Vorbereitungen auf diesen Tag, den 1. April 2015, laufen sowohl bei den Molkereien als auch auf den Bauernhöfen auf Hochtouren. Viele der gut 33.000 Milchbauern sind dabei, die Viehbestände aufzustocken um gegen den erwarteten Preisdruck gewappnet zu sein. „Der Trend geht in Richtung 60 Kühe pro Landwirt“, sagt Leopold Kirner von der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik, der als Wissenschafter die Branche kennt wie kein anderer. Die bevorstehende Marktliberalisierung habe für einen regelrechten Modernisierungsschub gesorgt um die Produktionskosten zu senken. „In Oberösterreich gibt es bereits mehr als 100 Melkroboter“, sagt Kirner. Bei kleineren Betrieben sei aber Unsicherheit zu spüren.
Auf Hochtouren laufen auch die Vorbereitungen in der Molkereiwirtschaft. Mehr als 100 Mill. Euro werden dort insgesamt investiert, um für die neuen Wettbewerbsverhältnisse nach der Marktliberalisierung gerüstet zu sein. Die Branchenriesen Berglandmilch und Gmundnermilch nahmen schon im Vorjahr neue Anlagen in Betrieb, die SalzburgMilch baute um 20 Mill. Euro einen neuen Milchhof in Salzburg und investierte zudem 45 Mill. Euro in den neuen Käsehof in Lamprechtshausen.
„Wir rechnen damit, dass die Anlieferung in den kommenden sieben Jahren um 15 Prozent auf 3,5 Mill. Tonnen Milch jährlich steigen wird“, sagt Helmut Petschar, Chef der Kärntnermilch und Sprecher der genossenschaftlichen Molkereien Österreichs. Die zusätzlichen Mengen hoffen die Milchverarbeiter im Export unterzubringen. Petschar setzt insbesondere auf China und Russland. „Wenn die großen europäischen Molkereien dort erfolgreich sind, gibt es für unsere Qualitätsmilch mehr Platz in Europa.“
Derzeit scheinen die Voraussetzungen dafür, dass sowohl Bauern als auch Molkereien mit der Marktliberalisierung zurechtkommen werden, gut zu sein. „Der Milchmarkt ist stabil, die Nachfrage auf dem Weltmarkt gut“, sagt Petschar. Auch wenn es per Monatsanfang leichte Preiskorrekturen gab, lagen die Bauernmilchpreise in den ersten Monaten deutlich jenseits der magischen 40-Cent-pro-Kilo-Grenze und damit so hoch wie zuletzt vor dem EU-Beitritt.
Vom Preisniveau, das sie zumindest zum Teil über ihre Produkte weitergeben konnten, profitierten auch die Molkereien. Ihr Gesamtumsatz erhöhte sich 2013 um 5,9 Prozent auf 2,33 Mrd. Euro. Das Ergebnis war mit 0,8 Prozent des Umsatzes positiv.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 10. April 2014
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